: Kliesch, Kirche, Kreuzberg
■ Der durch sein politisches Engagement weit über Kreuzberg hinaus bekannte Pfarrer Kliesch soll seine Pfarrei in der Wrangelstraße verlassen / Pfarrer der Fokolarbewegung sollen Kreuzberger Gemeinden übernehmen / Proteste gegen die Versetzung
Beim Ordinariat der katholischen Kirche gibt es Überlegungen, den Kreuzberger Pfarrer Klaus Kliesch von seiner Pfarrei in St. Marien in der Wrangelstraße wegzuversetzen. Dies ist dem Pfarrer, der erst seit vier Jahren dort ist, mitgeteilt worden. Eine Entscheidung gebe es jedoch noch nicht, sagte Pfarrer Kliesch auf Anfrage. Seiner Gemeinde teilte er mit, er werde „niemals die Menschen in Kreuzberg freiwillig verlassen“, sich aber „einem Dekret des Bischofs beugen“.
Der Pfarrgemeinderat sähe den Weggang Klieschs mit Bedauern. Man habe an den Bischof geschrieben, so der Vorsitzende, Lob-Hüdepohl. Es gebe bereits „spontane Unterschriftenlisten“ und Briefe aus der „tief betroffenen“ Gemeinde. Eine Versetzung Klieschs würde die mühselige Aufbauarbeit der kirchlichen Präsenz um Jahre zurückwerfen. Pfarrer Kliesch ist wegen seines Engagements im Stadtteil beliebt, seine Pfarrei betreibt die über Berlin hinaus bekannte, in CDU-Kreisen umstrittene Suppenküche. Auch hat Kliesch des öfteren politisch Stellung bezogen, beispielsweise gegen die Aufhebung der Mietpreisbindung, aber auch zu den Ursachen der 1.Mai-Krawalle, die Kliesch in den sozialen Verhältnissen in Kreuzberg sieht. Letztere hat wohl den Unmut des als konservativ geltenden Bischofs, Kardinal Meisner, hervorgerufen, nicht aber die Suppenküche, hinter der der „Bischof voll steht“, wie Kliesch sagte.
Der Sprecher des Ordinariats, Hanky, erklärte, eine Neuordnung von acht Berliner Pfarrstellen werde überlegt, eine Entscheidung werde aber nicht vor Anfang August getroffen werden. Die Befürchtung des Pfarrgemeinderats, die kirchliche Arbeit würde Schaden nehmen, sei eine „ungeheure Belastung für die künftige Seelsorge“. Für Kreuzberg sei geplant, sowohl die Pfarr-Stelle in St. Marien wie auch die in St. Michael neu zu besetzen. Für St. Michael stünde die Entscheidung zum 1. September an, da der dortige Pfarrer Pünder auf eigenen Wunsch nach Brasilien gehe. Beide Stellen sollen gemeinsam von einer Gruppe von Pfarrern aus der sogenannten Fokolarbewegung besetzt werden. Der Pfarrer der Johannes-Basilika am Südstern, Schlütter, gehört ebenfalls dieser Bewegung an. Alle Fokolar-Pfarrer zusammen wollen eine Wohn- und Arbeitsgemeinschaft bilden. Lob-Hüdepohl beschreibt die Fokolar-Bewegung als Gemeinschaft mit sozialem Gewissen, die dem Bischof eher ergeben sei und nicht unbedingt nach den politischen Ursachen von Mißständen suche.
esch/KNA
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