Kleinparteien zur Bundestagswahl: Piraten bestehen den Parteien-TÜV
Die Bundestags-Parteien haben 21 kleinere Konkurrenten für die Wahl im September zugelassen
Mit einem breiten Grinsen klappt Florian Bischof seinen mit Aufklebern vollgeklebten Laptop zu. "Die Piraten haben es geschafft", sagt der Berliner Spitzenkandidat, "jetzt holen wir die fünf Prozent." In dem Nebengebäude des Bundestages, in dem über die Zulassung der Partei entschieden wurde, konnte er schon einmal Parlamentsluft schnuppern.
Damit eine politische Organisation als Partei zugelassen wird, muss sie etwa einen Namen vorweisen, eine Satzung und ein Programm. Aber das sind nur die formalen Kriterien. Zusätzlich wird auch von dem Auschuss geprüft, ob die Parteien Öffentlichkeitsarbeit betreiben und an einer ernsthaften politischen Mitwirkung interessiert sind. Darum geht es auf dieser Sitzung. Anschließend müssen die Parteien noch 2.000 Unterschriften von Unterstützern vorweisen - und zwar einzeln in jedem Bundesland, in dem sie antreten wollen. Eine Ausnahme gibt es nur für die Großparteien, die im Bundestag oder einem Landtag vertreten sind. Sie müssen diese Prüfung nicht durchlaufen - und stellen stattdessen die Prüfer.
Insgesamt 52 Gruppierungen haben sich beworben. Auch Walter Stoi von der "Anarchistischen-Pogo-Partei-Deutschlands" (APPD) hofft, bei der Bundestagswahl mit dabei zu sein. Im schwarzen Achselshirt und grüner Dreiviertelhose wird der 29-Jährige vom Wahlausschuss zu seiner Partei befragt. "Herr Stoi, wir haben weder aktuelle Mitgliedszahlen, noch eine Angabe von Landesverbänden von Ihnen erhalten", stellt Bundeswahlleiter Rodereich Egele fest. Stoi stockt, murmelt was von Untergrundverbänden und verschwundenem Vorstand. Die Erklärungsversuche nützen wenig. Immerhin Harmut Geil von den Grünen und Ruth Kampa von der Linken stimmen für die APPD. Die übrigen sechs stimmen mit Nein. Abgelehnt.
Ullrich Ribbe, Bundesvorsitzender der "Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Internationalen" dagegen lässt sich von dem Vorschlag Egeles, seine Partei nicht zuzulassen, nicht beirren. Ribbe versteht nicht, warum die Partei mit ihren 260 Mitgliedern nicht zur Bundestagswahl zugelassen werden soll. "Wir haben zwar keine Landesverbände aber Rückhalt in der Bevölkerung und außerdem 9.000 Stimmen bei der Europawahl geholt." Bundeswahlleiter Egele liest in seinen Akten nach, berät sich mit seinem achtköpfigen Ausschuss. "Na gut, von meiner Seite im Zweifel für Sie," sagt Egele schulterzuckend. Dann die Abstimmung. Angenommen.
Weniger Glück hat Thomas Bauer von der "Demokratischen Bürgerbewegung". Die erst im Mai diesen Jahres gegründete Partei hat zwar nach eigenen Angaben 1.485 Mitglieder, rekrutiert diese aber ausschließlich aus dem Internet. "Wie wollen Sie denn da sichergehen, dass ihre Mitglieder keine Phantome sind?" fragt Egele den Pensionär. "Obama war unser Vorbild," kontert Bauer. Abgelehnt.
Andere Parteien, wie die "Global Future Party", die "Raucherpartei Deutschland" oder die "Deutsche Demokratische Bürger Partei" scheitern schon an den formellen Vorraussetzung. Sie haben den Antrag zu spät oder unvollständig abgegeben. Nur 21 der 52 Möchtegernparteien werden schließlich anerkannt. Auch die "Alternative Soziale Demokratische Union" hat es nicht geschafft. Bundesvorstand Alfred Seebode fasst die Sitzung für sich wie folgt zusammen: "Ein vollkommen vergeudeter Tag."
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