piwik no script img

Kleiner GrenzverkehrAufschlag im Ausland

Die Volleyballer der SVG Lüneburg zum Bundesliga-Auswärtsspiel nach Innsbruck reisen. Präsident Bahlburg sieht den Grenzverkehr kritisch.

Hätten auch gern den Einzug von Innsbruck in die Bundesliga geblockt: Volleyballer der SVG Lüneburg bei der Niederlage in Friedrichshafen am Sonnabend. Foto: Conny Kurth/imago

Lüneburg taz | Es hätte so schön sein können. Ein Trip nach Husum, zweieinhalb Stunden Busfahrt – für die SVG Lüneburg wäre das ein echtes Nordderby in der Volleyball-Bundesliga (VBL) gewesen. Die Hoffnung zerplatzte aber, weil die Nordfriesen nicht das nötige Geld einsammelten, um bei der VBL eine Wildcard zu beantragen, die den Aufstieg ohne sportliche Qualifikation ermöglicht.

„Im Norden sind wir einsam und verlassen. Unsere Lokalderbys haben wir gegen Berlin und Düren“, sagt Andreas Bahlburg, Vorsitzender der SVG Lüneburg. 280 Kilometer sind es bis in die Hauptstadt, rund 450 bis zum „Tor zur Nordeifel“.

Beschwerlich sind die Bus- oder Bahnreisen ins bayrische Herrsching oder nach Baden-Württemberg zu den Bundesligaspielen nach Bühl, Rottenburg und Friedrichshafen, wo es am Sonnabend im DVV-Pokal-Viertelfinale eine glatte 0:3-Abfuhr vom Tabellenführer setzte. Doch nun wird es bald im Wortsinn grenzwertig: Die Niedersachsen müssen zu einem Bundesliga­spiel nach Innsbruck. Am 9. Dezember schlagen die „Lüne-Hünen“ in Tirols Landeshauptstadt auf.

Eine kuriose Kooperation hat es möglich gemacht, dass zum ersten Mal ein ausländisches Team in der höchsten deutschen Liga mitspielen darf. Initiator ist Magister Hannes Kronthaler, Bauunternehmer sowie Manager und Mäzen des Volleyballteams Innsbruck. Jenes ist in der heimischen Eliteliga seit vier Jahren unbesiegt, holt stets die Meisterschaft. In der Champions League indes scheiterten die Tiroler oft auch deshalb früh, weil sie im eigenen Land kaum gefordert wurden.

Durch eine Aufnahme in die deutsche Bundesliga, so Kronthalers Kalkül, würde sich das endlich ändern. Gedacht, getan. Mit dem bayerischen Klub TSV Unterhaching, der gerade erst in die Zweite Liga aufgestiegen ist, ging Innsbruck eine Kooperation ein. Der viermalige DVV-Pokalsieger war 2014 mangels Hauptsponsor abgestürzt. Nun ist Unterhaching mit seiner GmbH der Lizenznehmer; die Spieler – darunter vier Brasilianer – stellt fast komplett Innsbruck. Nur zwei TSV-Akteure stehen im Kader. Wo Unterhaching draufsteht, ist Innsbruck drin.

Ein Name war flugs gefunden: Nach dem Sponsorenkürzel folgt „Tirol Alpenvolleys Haching“. Erst seit Juni gibt es das Team, dessen Etat sich auf stattliche 1,1 Millionen Euro beläuft. Folglich sprach die Süddeutsche Zeitung von einem „mächtigen Föhnsturm“, der von Süden in die Bundesliga hereinweht.

Bahlburg hätte lieber eine steife Brise aus Husum gehabt. Die Stormstädter waren lange der einzige Bewerber um eine Wildcard. „Ich finde, die Bundesligaspiele müssen in Deutschland stattfinden. Das ist hier umkurvt worden“, sagte der SVG-Vorsitzende, der Sprecher der VBL und damit einer der Vizepräsidenten ist. „Ich war der Einzige im VBL-Vorstand, der dagegen gestimmt hat.“

Ich würde gerne wissen, was sie in Friedrichshafen oder Haching sagten, wenn sie nach Dänemark reisen sollten

SVG-Präsident Andreas Bahlburg

Derzeit besteht die Bundesliga aus elf Teams, mindestens zwölf sollen es sein. Nur: Es finden sich kaum Zweitligisten, die das finanzielle Wagnis eingehen wollen. Die Aufnahme von Innsbruck hält Bahlburg für den falschen Weg. „Was kommt danach? Vielleicht ein Team aus Polen oder eines aus Belgien. Die Bundesliga-Frauen aus Aachen haben ja schon ein Heimspiel im belgischen Maaseik ausgetragen.“ Das ließe sich auch weiterspinnen. „Wir haben Kontakte nach Dänemark, zum Middel­fart Volleyball Klub. Da würde ich gerne wissen, was sie in Friedrichshafen oder Haching sagten, wenn sie nach Dänemark reisen sollten.“

Die Fahrt nach Innsbruck – per ICE nach München, von dort weiter mit dem Bus – ist für die Niedersachsen, die mit einem bescheidenen Etat von annähernd einer halben Million Euro auskommen müssen, auch ein Kostenfaktor. Eine zweite Hotelübernachtung für das Team ist notwendig.

Und in sportlicher Hinsicht ist für die SVG die Integration der Innsbrucker ebenfalls unerfreulich. Aufgrund der finanziellen Mittel ist das Retorten-Team auf Anhieb ein Konkurrent um einen Play-off-Platz. Lüneburg musste alles ohne Investor stemmen, arbeitete sich mühsam nach oben.

Bahlburg wird auch am ersten Adventswochenende das Team von SVG-Trainer Stefan Hübner begleiten, wenn auch mit gemischten Gefühlen: „Dass ich einmal für ein Bundesligaspiel bis nach Innsbruck reisen müsste, das hätte ich nicht gedacht.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!