: Kleine Spende statt hoher Strafe
■ Dubioser Deal zwischen Bezirksamt Nord und Wohnungsbaugesellschaft Von Heike Haarhoff
Lassen sich Bezirksamt Nord und PolitikerInnen durch Spendengelder der „Siedlungsbaugesellschaft Frank KG“ bestechen? „Neeeiiin“, schallt es einstimmig aus den nördlichen Fraktionen zurück. Wie könne man nur auf so eine Vermutung kommen angesichts der folgenden Begebenheit:
Die Firma Frank KG, der knapp 600 Wohnungen in Dulsberg gehören, ist mit der Modernisierung der Laubenganghäuser in und um die Mülhäuser Straße in erheblichen zeitlichen Verzug geraten. Mit der Stadt war vertraglich vereinbart, die winzigen Wohnungen mit öffentlichen Fördermitteln spätestens bis Ende 1993 umzubauen und zu renovieren. Ansonsten sei eine Vertragsstrafe in Höhe von 1,5 Millionen Mark fällig.
Bis heute sind die Bauarbeiten nicht komplett abgeschlossen; viele der dringend benötigten Wohnungen stehen leer. Die Strafe wurde weder bezahlt noch vom Bezirksamt eingeklagt. Statt dessen präsentierte Bezirksamtsleiter Jochen von Maydell der allmählich ungeduldigen Bezirksversammlung am 15. Juni einen „Kompromiß“: Er schlug vor, auf die Konventionalstrafe zu verzichten, wenn die Frank KG zu einer Spende in Höhe von 600 000 Mark für „bezirkliche Projekte“ bereit wäre. Das fanden die Fraktionen ziemlich pfiffig. Schließlich stünden dann plötzlich erhebliche Summen für den Stadtteil zur Verfügung, während das Bußgeld als „allgemeine Deckungsmittel“ im Haushalt des Finanzsenators versickert wäre.
Rechtliche Bedenken gegen diesen Kuhhandel äußerte zunächst der Liegenschaftsausschuß und jetzt auch der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Ralf Mairose: Bis Anfang nächster Woche will der Senat seine Frage beantworten, ob es haushaltsrechtlich zulässig ist, daß ein Bezirk zugunsten einer Spende für eigene Projekte auf die Einforderung der Strafe verzichtet.
„Wir waren nicht sicher, in welcher Höhe wir Gelder bekommen hätten, wenn wir geklagt hätten“, erklärte der stellvertretende Bezirksamtsleiter Harald Rösler gestern gegenüber der taz. Aber man habe einen langwierigen Rechtsstreit vermeiden wollen: „Wir brauchen die Mittel dringend.“ Jede Verzögerung schade einzig dem Stadtteil. Auch SPD-Frakti-onsvize Detlef Palm hat keine Skrupel: „Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“ In dem Stadtteil müsse „endlich etwas auf die Beine gestellt werden.
Den Verdacht der Käuflichkeit will auch CDUler Michael Waldhelm nicht akzeptieren: „Es muß natürlich geklärt werden, ob das rechtlich drin ist.“ Aber ansonsten sei das doch „gar keine schlechte Lösung“, die sogar die „sonst immer so kritische GAL“ mitgetragen habe. Die Strafandrohung sei damit ja keineswegs aufgehoben, falls bis Jahresende weiterhin getrödelt werde, beteuert Jan Quast (SPD) die Unbestechlichkeit des Bezirks.
Was die Firma Frank tatsächlich beabsichtigt, ist unklar. Gestern mochte sie nicht bestätigen, ob sie überhaupt spendenwillig ist.
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