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■ Kleine Psychologie des Brausens und EinseifensAutoerotische Übergangsrituale

Essen (taz) – Ich wußte es ja schon immer: Ich bin ein Ferkel, aber ein umweltbewußtes. Allmorgendliches Duschen bereitet mir nämlich keine Freude, sondern hemmt mich beim Sturm in den Tag. Zweimal Großputz die Woche reicht, und das auch eher abends und langgestreckt in der Wanne. Andere sehen das anders, und die hat sich das Kölner IFM- Institut im Auftrag eines großen deutschen Duschwannen- und -kabinenherstellers vorgeknöpft. Das Brausen, so zeigt sich nach tiefenpsychologischer Bohrarbeit an fünfzig ProbantInnen, ist für die Deutschen eine höchst individuelle und private Angelegenheit.

Fünf Grundtypen von Duschern und Duscherinnen glauben die Kölner MarktforscherInnen ausgemacht zu haben. Da wäre zum einen der „Turnvater Jahn“- Typ, der die Sache eher asketisch sieht. Sein festumrissenes Benetzungsritual dient vor allem der Leibesertüchtigung und gipfelt in einer kalten Dusche. VertreterInnen der zweiten Kategorie, von den Forschern romantisch als „Wassermänner und Nixen“ betitelt, wenden sich bei dieser Vorstellung mit Grausen ab. Sie wollen ihrem kindlichen Spieltrieb freien Lauf lassen, planschen sowie Wasser und Zeit verschwenden. Irgendwie esoterische Momente spielen bei den als „Frei-Schwimmern“ bezeichneten Duschfans eine Rolle, die aber vielleicht auch nur leichtgläubige Opfer der Jungbrunnenversprechungen von Duschgelherstellern geworden sind: Die Reinigung mit dem Wasserstrahl von schräg oben steht bei ihnen angeblich im Zeichen der Wieder- bzw. Neugeburt. (Seifen-)Schlüpfrig wird es dann bei den „Sensations-Lüsternen“, die an der Privatheit des Badezimmers angeblich vor allem zu schätzen wissen, daß hier Selbstbefummeleien – die Forscher euphemisieren von „Hand-Greiflichkeiten“ – in der Regel unentdeckt bleiben dürften, und der „Ultra- Kurz-Duscher“ schließlich hat nur die Bürgerpflicht zu always cleanem Auftreten verinnerlicht: rein, raus und tschüs in höchstens zwei Minuten und für alle Fälle natürlich mit wasserdichtem Handy ausgerüstet.

Klare Trennungen zwischen den einzelnen Typen gibt es freilich nicht, ein bißchen von allem steckt angeblich in jedem Duschfan. Einigkeit herrschte bei den Befragten allerdings bei der Beurteilung des Duschvorgangs als Schnittstelle zwischen den Tagesabschnitten. Morgens heißt es raus aus den miefigen Federn, rein in die trendy Klarglaskabine, hinaus in die (O-Ton IFM) „dynamisch- wache Welt von Broterwerb und Leistungsgesellschaft“. Genau! Und Arbeitslose haben einfach nicht genug geduscht! Aber noch ist Hilfe möglich, denn der Psychologe des Kölner Instituts weiß: „Beim Duschen werden fließende Übergänge zwischen seelischen Zuständen ermöglicht, da die körperlichen und seelischen Reste der ,alten‘ Stimmung aufgeweicht, abgewaschen und weggespült werden.“ Das also ist die Lösung: Schafft Psychologen und Therapeuten ab, baut mehr Duschen, und bist du mal schlecht gelaunt, dann, husch, in die Kabine, und weg mit dem Frust!

Abends läuft das Spiel dann andersherum: Den Arbeitsfummel ausgezogen, ab in die acrylverglaste Transformationskabine, den Job vom Leib gespült und rein in die Freizeit. Da soll noch jemand sagen, Duschen sei nur Körperpflege. Von wegen! Nein, Duschen ist auch und vor allem eine Glaubensfrage – heiß gegen kalt, kurz gegen lang, Kabine gegen Vorhang. Mir ist diese Diskussion freilich egal, denn ich liege unterdessen gemütlich in der Wanne und ergötze mich an Hitchcocks „Psycho“: Norman Bates, der Verteidiger des Wannenbads! Joachim Hiller

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