Klein, schwach, aber trotzdem voll da

■ StudentInnenkongreß einigt sich auf gemeinsame Forderungen

Berlin (taz) – Dem StudentInnenkongreß „Bildung und Gesellschaft“ ist es am Sonntag abend doch noch gelungen, einen „Forderungs- und Maßnahmenkatalog“ zur Hochschul- und Gesellschaftspolitik zu verabschieden. Die Abstimmung hatte sich verzögert, weil TeilnehmerInnen die „Strukturen“ des Kongresses anzweifelten. Das stark zusammengeschmolzene Abschlußplenum stimmte den einzelnen Thesen mit Zweidrittelmehrheit zu. Detaillierte Erläuterungen, unter anderem zur Novelle des Hochschulrahmengesetzes, sollen ebenso wie die Kongreßprotokolle in der nächsten Woche veröffentlicht werden.

Die StudentInnen fordern die arbeitsrechtliche Gleichstellung von Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern. Die Uni-Gremien sollen sich drittelparitätisch aus StudentInnen, WissenschaftlerInnen und sonstigem Personal zusammensetzen, wobei die VertreterInnen jeweils von allen Statusgruppen gewählt werden sollen. Das Studium stellen sich die StudentInnen „kontext-, problem-, projektorientiert und interdisziplinär“ vor. Ein „einheitliches und allgemeinverbindliches Prüfungssystem“ lehnen sie ab. Studiengebühren sollen verboten, Zulassungsbeschränkungen abgeschafft und eine „elternunabhängige gleichberechtigte Ausbildungsförderung“ eingeführt werden, möglichst in Verbindung mit einer sozialen Grundsicherung für alle.

Die KongreßorganisatorInnen wandten sich gegen den Vorwurf, nur rückwärtsgewandte Thesen zu vertreten. „Daß die eine oder andere Forderung schon mal dagewesen ist“, sagte Berg, „heißt nicht, daß sie deshalb schon falsch ist.“ Eine Uni-Reform im Sinne der StudentInnen sei aber nicht ohne eine Abkehr von neoliberaler Politik insgesamt denkbar. „Wir müssen die Fragen grundlegend anpacken, sonst wird sich nichts ändern“, betonte Jan Köstner. Ein wenig beruhigt hat sich dagegen die Kritik an den Medien. „Wenn von den Studierenden der Umgang mit den Medien gewählt wird, dann muß dieser selbstbestimmt sein“, heißt es nur noch allgemein. Es ist nicht mehr die Rede davon, JournalistInnen Informationen zu verweigern.

Inzwischen glauben auch die VeranstalterInnen nicht mehr, „daß der Kongreß der Streikbewegung an den Unis neuen Auftrieb gibt“. Er stehe vielmehr „am Anfang eines Wechsels zu anderen Protestformen“ und müsse sich „aus den Unis auf die Straße“ verlagern. Streiken wollen die StudentInnen künftig nur noch wochenweise abwechselnd in verschiedenen Bundesländern. „Dann kann man weiter studieren, hat aber eine Woche Zeit, sich auf den Protest zu konzentrieren“, sagte Christiane Reinecke. „Die Bewegung ist klein und schwach“, ergänzte Köstner, „aber sie ist da.“ Ralph Bollmann