: Klein-Gorleben
■ Kiel will AKW Brunsbüttel bis 2002 stillegen und zum Zwischenlager machen
Schleswig-Holsteins Energieminister Claus Möller (SPD) hat keine Angst vor einem Klein-Gorleben an der Elbe. „Wer den geordneten Ausstieg“ aus der Atomkraft „will, muß für einen Übergangszeitraum eine Zwischenlagerung akzeptieren“, forderte Möller gestern vor dem Landtag in Kiel. Und legte sogleich fest, wo er die norddeutsche Atommüllkippe ansiedeln will: „Ich habe Brunsbüttel als Standort für ein Zwischenlager in Schleswig-Holstein vorgeschlagen.“
Hierhin soll der strahlende Schrott aus den drei Atommeilern Krümmel, Brokdorf und Brunsbüttel, sollten eines Tages die Lagermöglichkeiten in den AKWs selbst sowie in Gorleben und Ahaus ausgeschöpft und die Wiederaufarbeitung von Brennelementen in Frankreich und England beendet sein. Das Land müsse sich der Müllproblematik stellen, forderte Möller. Brunsbüttel sei deswegen als Standort so hervorragend geeignet, weil dort demnächst ausreichend Platz sei: „Aus Sicht der Landesregierung“ von Schleswig-Holstein könne das AKW „im Jahr 2002“ stillgelegt werden, widersprach Möller der pessimistischeren Einschätzung des rot-grünen Hamburger Senats.
Die Opposition bangte wie üblich um „zighundert Arbeitsplätze“. CDU-Fraktionschef Martin Kayenburg sah einen „schmerzhaften Aderlaß“ auf die Region zukommen, sollte Brunsbüttel vom Netz gehen. Der Hinweis des grünen Energiepolitikers Detlef Matthiesen, man werde sich für Jobs in zukunftsträchtigen Energiebereichen einsetzen, nütze da wenig. In den drei schleswig-holsteinischen AKWs arbeiten rund 1800 Menschen. Die rot-grüne Landesregierung rechnet mit dem Verlust von bis zu 600 Arbeitsplätzen in den nächsten fünf Jahren, sollte Brunsbüttel dichtgemacht werden.
Die FDP-Abgeordnete Christel Happach-Kasan argwöhnte, Möller plane in Wahrheit kein Zwischen-, sondern ein Endlager. Das ging dem Energieminister dann doch zu weit: Ewig will er die strahlenden Erbschaften dann doch nicht im eigenen Land haben. Sollte sich in Deutschland „keine geeignete geologische Formation für ein Endlager“ finden, müsse „im EU-Rahmen“ nach einem Standort „gesucht werden“. Heike Haarhoff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen