Klausur der SPD-Fraktion: Wahlkampf mit Familie
Auf ihrer Klausurtagung in Dresden stellt die Fraktion die Weichen für eine sozial gerechte Familienpolitik. Mehr Geld soll es allerdings erst in der nächsten Legislaturperiode geben
Noch vor Jahresfrist waren die 54 SPD-Abgeordneten nervös. Auf ihrer Klausurtagung in Eisenach hatten sie ihrem Regierenden Bürgermeister darum eine Kärrnertour verordnet: Klaus Wowereit sollte durch die Bezirke ziehen und zeigen, dass er auch ein Kümmerer ist. Ein Jahr - und einige Umfragen - später zeigten sich die Genossen auf der Klausur in Dresden gelassen. Gleichwohl warnte Landes- und Fraktionschef Michael Müller: "Ein Wahlsieg ist kein Selbstläufer."
Schwerpunkt der Klausur am Wochenende war die Familienpolitik. Mit diesem Thema wollen die Sozialdemokraten auch in den Wahlkampf zur Abgeordnetenhauswahl am 18. September ziehen. Entsprechend ambitioniert sind die Ziele. "Wir wollen die hundertprozentige Umsetzung des Ganztagsbetriebs an den Schulen", kündigte Wowereit an. "Schule ist mehr als Wissensvermittlung." Flankierend zu diesem Ziel beschloss die Fraktion in einer Resolution die Einführung eines "subventionierten Mittagessens" für alle Schülerinnen und Schüler.
Der in vielen Fällen erforderliche Umbau der Gymnasien und Sekundarschulen zu Ganztagsschulen soll unter anderem aus dem Schul- und Sportstättensanierungsprogramm finanziert werden, erläuterte Fraktionschef Müller. "Wenn man vor der Entscheidung steht, ob eine Mensa oder eine Turnhalle gebaut werden soll, kann die Entscheidung nur heißen: Mensa", sagte Müller.
Auch im Grundschulbereich hat sich die SPD viel vorgenommen. So soll künftig die Bedarfsprüfung für die Hortbetreuung wegfallen. Darüber hinaus soll die Betreuungslücke im fünften und sechsten Schuljahr geschlossen werden, kündigte Müller an. Eltern sollen dann ihre Kinder während der gesamten Grundschulzeit nach Ende des Unterrichts in den Hort geben können. Allerdings sollen diese Maßnahmen erst im Zusammenhang mit den Beratungen für den Doppelhaushalt 2012/2013 diskutiert werden. Das ist auch eine Absage an das Volksbegehren Schule, das bereits jetzt eine Hortbetreuung bis 16 Uhr fordert. "Wir teilen das Anliegen des Volksbegehrens", sagte Müller, verwies aber auf die Kosten. "Das können wir nicht aus dem laufenden Haushalt herausschneiden." Die Initiatoren des Begehrens beziffern die Kosten auf 100 Millionen Euro.
Um nicht in den Geruch einer bloßen Ankündigungspolitik zu geraten, wollen die Sozialdemokraten auch in dieser Legislaturperiode noch einige Gesetze auf den Weg bringen, darunter ein Spielhallen- und ein Bezirksverwaltungsgesetz.
Darüber hinaus kündigte Wowereit eine "Berliner Offensive für Fachkräfte und Ausbildung" an. "Früher war es immer so, dass es zu viele Bewerber für zu wenige Ausbildungsplätze gibt", so Wowereit. Bald aber werde die Situation umgekehrt sein. Er sprach sich deshalb für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Schulen und Betrieben aus.
Zum Thema Familie rechnen die Sozialdemokraten auch die Wohnungspolitik. "Wenn Berlin erfolgreich ist, zieht die Stadt immer mehr Menschen an. Das erhöht den Druck auf die Mieten", sagt Michael Müller. Er fordert deshalb ein Neubauprogramm für Wohnungen zu erschwinglichen Preisen. Ganz entschieden wandte er sich gegen den Mietpolitik der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge. "Diese Gesellschaften haben einen städtischen Auftrag und können nicht jede nach dem Gesetz mögliche Miete verlangen", betonte Müller. Der Unmut in der Fraktion über das Geschäftsbegehren der Gesellschaft, so Müller, habe sich durchaus auch gegen die Vertreter des Senats im Aufsichtsrat gerichtet. In dem Gremium hatte die Staatssekretärin für Wohnen, Hella Dunger-Löper, den Mieterhöhungen nicht widersprochen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!