: Klassischer Fall
■ betr.: "Was hat er denn getan?" (Interview mit Katharina Rutschky zu Woody Allen/Mia Farrow), taz vom 28.8.92
betr.: „Was hat er denn getan?“ (Interview mit Katharina Rutschky zu Woody Allen/Mia Farrow), taz vom 28.8.92
[...] Wer hier „klassisch“ handelt, ist für jede FrauLesbe, die diese Gesellschaftsstrukturen zur Genüge durchschaut hat, glasklar: Typ in der Midlife-crisis läßt ausgewrungene Frau, die ihn längst durchschaut hat, fallen und sucht sich „was Jüngeres“, um sich wieder aufmöbeln und anhimmeln zu lassen! Dazu noch die eigene Pflegetochter! [...] Allen ist eine Kultfigur der linken Intellektuellen. Daß ein linker Intellektueller vergewaltigt, darf nicht sein! [...]
Die Unterstellung, daß Mia Farrow die Vergewaltigung ihrer Tochter durch Allen nur als „Munition“ gegen diesen benutze, ist einfach unglaublich und paßt wunderbar in die von Männern bestimmte Meinungsmache in den Medien um die sexuelle Gewalt gegen FrauenLesben und Mädchen! Das Bild, das Rutschky von Mia Farrow abgibt, zeigt eindeutig die Mißachtung gegenüber dieser und allen anderen FrauenLesben und Mädchen, die ein ähnliches „Bild“ abgeben. Die Frage, welche Ursache diese Mißachtung hat, kann sich jede bei näherem Hinfühlen selbst beantworten. Herauskommen wird die Verdrängung der eigenen Gewaltgeschichte!
Rutschkys Buch und Meinung ist der Männerwelt sicher mehr als willkommen und disqualifiziert sie selbst gleichzeitig für eine Diskussion über strukturelle Gewalt in dieser Gesellschaft.[...] Rubinrot, Projekt zur Heilung von FrauenLesben mit sexueller Gewalterfahrung
[...] Sexuell mißbraucht zu werden, ist für ein Kind eine entsetzliche Erfahrung, die schwere Traumata verursacht und das Opfer jahrelang, unter Umständen ein Leben lang verfolgt. Niemand kann ganz genau sagen, wie hoch die Anzahl der sexuell mißbrauchten Kinder in der BRD tatsächlich ist.
Fest steht, daß sie, schon allein nach den Statistiken der Polizei, enorm hoch ist und daß die Dunkelziffer noch wesentlich höher ist. Der deutsche Kinderschutzbund geht davon aus, daß jedes dritte bis vierte Mädchen sexuell mißbraucht wird. Fest steht auch, daß die Täter bisher in den allerwenigsten Fällen bestraft werden und die Betroffenen ein Leben lang an den traumatischen Folgen leiden.
Um daran etwas zu ändern, müssen alle die mit Kindern zu tun haben, Eltern, Erzieher, Lehrerinnen... für dieses Thema sensibilisiert werden, damit sie Mißbrauchssymptome erkennen und helfend eingreifen können. Die Justiz muß die Verbrechen der Täter verurteilen, und es muß gesellschaftlich ein Klima geschaffen werden, das betroffenen Kindern ermöglicht, über ihre Erfahrungen zu sprechen.
Dazu ist eine öffentliche Diskussion, die die Verbrechen der Täter beim Namen nennt und Partei für die Opfer ergreift, unerläßlich. Daß ausgerechnet die taz sich dagegen ausspricht und ein Interview veröffentlicht, in dem der sexuelle Mißbrauch verharmlost wird, erschreckt mich sehr. Jutta Steinle, Stuttgart
[...] Ich glaube nicht, daß Frau Rutschky eine Wende in der Diskussion zum Thema sexuelle Gewalt, ausgeübt an Mädchen und Jungen, einleitet. Weder hat sie fundierte Argumente noch das Format dazu, überzeugend zu wirken. Im Gegenteil, nun haben die mit unterschiedlichen Ansätzen zum Thema arbeitenden Projekte eine gemeinsame Gegnerin: Frau Rutschky, die das Ausmaß der sexuellen Gewalt und die Schädigung dadurch leugnet.
Ich vermute, daß Frau Rutschky weiterhin versuchen wird, Bedeutung zu erlangen — um jeden Preis—, und erwarte ihr nächstes Buch. Vielleicht trägt es den Titel: „Rassistische Übergriffe auf AsylantInnen — Eine Erfindung der ImmigrantInnenbewegung. Marina Orywahl, Berlin
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