Klammes Bremen: „Linnert spielt Roulette“

Die CDU warnt vor Haushaltsrisiken in dreistelliger Millionenhöhe. Das Finanzressort sieht intern zwar eine „massive Unwucht“, gibt sich aber gelassen.

So oder ähnlich wird in Bremen Haushaltspolitik gemacht, sagt die CDU. Bild: dpa

Die CDU fordert eine Sondersitzung des Haushalts und Finanzausschusses der Bürgerschaft. Der Grund seien „die gewaltigen Risiken und Ausgaben in mehrstelliger Millionenhöhe“, die sich für die Haushaltsaufstellung 2014 abzeichneten. Beispielsweise, so die CDU-Haushaltspolitikerin Gabi Piontkowski, sei für die kommenden Tarifabschlüsse bislang keine Vorsorge getroffen worden. Allein für die LehrerInnen und PolizistInnen beziffert Piontkowski das Haushaltsrisiko auf zwölf Millionen Euro.

Die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert setze „seit Jahren wie beim Roulette aufs volle Risiko“, heißt es bei der CDU – eine Anspielung auf die vom Finanzressort erwarteten Einnahmesteigerungen. Das aber sei, auch „angesichts der im Bereich der Sozialausgaben drohenden Mehrlasten“ von 21 Millionen im kommenden Jahr und 34 Millionen Euro im Jahr 2015, „leichtfertig“. Die in den kommunalen Kliniken „schlummernden Risiken“ schätzt Piontkowski auf 500 Millionen Euro.

Das Finanzressort will diese Zahlen auf Anfrage nicht bestätigen. Es sei „noch ganz viel im Fluss“, sagt Linnerts Sprecherin Dagmar Bleiker, „da ändert sich täglich etwas“ – so wie es am Roulette-Tisch eben so üblich ist? „Wir stehen für eine seriöse Haushaltspolitik“, versichert Bleiker in Bezug auf den Spielbank-Vorwurf der CDU.

Bis zu den Osterferien werde der Senat einen Rahmenvorschlag für den Doppelhaushalt 2014/2015 unterbreiten, so das Ressort. Dessen endgültige Verabschiedung per zweiter Lesung im Parlament ist für Ende des Jahres vorgesehen – erst dann ist die endgültige Mittelverteilung innerhalb des rund 4,4 Milliarden Euro umfassenden Landeshaushalts tatsächlich festgelegt. Für 2014 weist der aktuelle Haushaltsansatz eine Steigerung um ein halbes Prozent auf, für 2015 um 0,76 Prozent – mit anderen Worten: Er soll stabil bleiben.

Allerdings ist in einem vom 10. Februar datierenden internen Papier des Finanzressorts tatsächlich von einer „massiven Unwucht im konsumtiven Haushalt“ die Rede – der allein in 2014 dessen Reduzierung um neun Prozent erfordere. Um diesen im Ressortpapier als „nicht darstellbar“ qualifizierten Einbruch der konsumtiven Mittel auf „ein erträgliches Maß zu begrenzen“, sei ein zweistelliger Millionenbetrag erforderlich. Der wiederum solle der Grundsicherungs-Reserve (GruSi) des Ressorts entnommen werden – 20 Millionen Euro pro Haushaltsjahr. Allerdings sei „offenkundig“, dass eine Finanzierung aller offenen Punkte aus den GruSi-Mitteln „auch nicht annähernd vollständig möglich“ sei. Bei Bildung, Inneres und „Sonstiges“ fehlten beispielsweise zwölf Millionen Euro an Personalmitteln, für den geplanten Kita-Ausbau in 2014/15 fehlen demnach 7,4 Millionen.

Die Einberufung einer kurzfristigen Sondersitzung dürfte der CDU wenig Schwierigkeiten bereiten, zumal sie mit Gabi Piontkowski selbst die Vorsitzende dieses Gremiums stellt. Erst am Freitag trat es zu einer regulären Sitzung zusammen – warum kommt nun erst der Alarm? Am Freitag, sagt Piontkowski, habe sie die intern kommunizierten Haushaltsrisiken „noch nicht wahrgenommen“ gehabt.

Das Ressort schlägt in seinem internen Strategiepapier derweil eine pragmatische Vorgehensweise vor: Um einen „Dammbrucheffekt“ zu vermeiden und „uns soviel Spielraum zu verschaffen, wie wir selbst mindestens für nötig halten“, seien „die Probleme“ der Sozialausgaben und der kommunalen Kliniken „zunächst auszuklammern“.

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