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Klage per TwitterPirate Bay in Holland bald tabu

Innerhalb von zehn Tagen muss die Internettauschbörse Pirate Bay für niederländische Nutzer unerreichbar sein. Andernfalls drohen drastische Strafen. Wer diese zu zahlen hat, ist jedoch umstritten.

Es könnte teuer werden für Pirate Bay. Bild: ap

AMSTERDAM taz | 30.000 Euro müssen die Betreiber der Website täglich berappen, sollte Pirate Bay nach dem 10. August in den Niederlanden noch online sein. Die Höchststrafe liegt bei drei Milionen Euro. Mit diesem Ausspruch gab ein Gericht in Amsterdam am Donnerstag dem Antrag einer Autorenrechtvereinigung statt. Diese hatte gegen Pirate Bay wegen massiver Copyright-Verstöße geklagt. Der Anwalt der Organisation Brein (Gehirn) erklärte in der Verhandlung, insgesamt ginge es um etwa zwei Millionen Musikalben, Filme, Spiele und Softwarepakete, die dort ohne Zustimmung der Rechteinhaber zum freien Download angeboten würden. Damit verletze Pirate Bay täglich millionenfach Autorenrechte.

Brein-Direktor Tim Kuik begrüßte das Urteil mit den Worten: "Die Sache ist klar. Was illegal ist, ist verboten, wer es auch tut!" Zufrieden äußerte sich Kuik zudem darüber, dass auch ein zukünftiger Inhaber von Pirate Bay an dieses Urteil gebunden ist. Er bezog sich damit auf die Übernahme der Website durch Global Gaming Factory X. Die schwedische Softwarefirma, die auch Internetcafés und Spielhallen betreibt, kündigte vor einem Monat den Kauf von Pirate Bay für 60 Millionen schwedische Kronen (5,5 Millionen Euro) an. Um den zahlreichen Klagen gegen die Website zu entgehen, will man diese in ein bezahltes Filesharing-System umbauen. Unter anderem steht Pirate Bay noch eine Klage der Filmindustrie in Hollywood ins Haus. Im April hatte ein schwedisches Gericht vier Betreiber der Site wegen Beihilfe zu schweren Verletzungen des Urheberrechts zu jeweils einem Jahr Haft verurteilt. Dazu sollen sie 2,75 Millionen Euro Schadensersatz an diverse Film- und Musikfirmen zahlen. Das Urteil aus Amsterdam könnte sich vor diesem Hintergrund nun als Präzedenzfall erweisen.

Peter Sunde, der Sprecher von Pirate Bay, kündigte an, gegen das neue Urteil in Berufung zu gehen. Auch wolle man selbst gerichtliche Schritte gegen Brein anstrengen und Schadenersatz wegen Rufschädigung fordern. Die Vorwürfe, die Direktor Tim Kuik in der internationalen Presse gegen Pirate Bay erhoben hatte, entbehrten jeglicher Beweise und seien persönliche Angriffe aus rein politischer Motivation. "Wir nehmen solchen Nonsens nicht länger hin, dass Anti-Piraten-Organisationen uns absurde kriminelle Handlungen vorwerfen. Die Menschen sollten sich über all die Gesetze bewusst sein, die unsere politischen Gegner brechen, um uns zum Schweigen zu bringen", formulierte Sunde eine Kampfansage. Laut Christian Engström, Europaabgeordneter der schwedischen Piratenpartei, zeige das jüngste Verfahren, dass Film- und Musikindustrie immer verzweifelter auf die Piratenbewegung reagierten, weil sie wüssten, den Kampf nicht gewinnen zu können.

Umstritten ist unterdessen, wer vom Amsterdamer Urteil überhaupt betroffen ist. Angeklagt waren neben Peter Sunde auch Gottfrid Svartholm und Fredrik Neij, die als Gründer von Pirate Bay bereits in Schweden wegen derselben Vergehen verurteilt wurden. Alle drei wiesen die Verantwortlichkeit jedoch von sich, da Pirate Bay längst verkauft sei. Frederik Neij sagte, der Prozess stecke derart voller Fehler, dass es ein Verbrechen sei, die Zeit des Gerichtshofs damit zu verschwenden. Svartholm ergänzte, niemand von ihnen lebte in den Niederlanden oder wäre dort tätig.

Für Unmut sorgte auch, dass die Angeklagten erst zwei Tage nach der ersten Sitzung von einem Journalisten über das Verfahren gegen sie informiert wurden. Die Anklage hingegen beteuert, man habe die drei Piraten auf sämtlichen Kontaktwegen zu erreichen versucht. Neben dem Postweg gehörten dazu auch Aufrufe auf Facebook sowie die folgende Botschaft bei Twitter: "BREIN lädt Sie vor den Gerichtshof in Amsterdam (NL) am 21-07-09 @ 14h."

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