Klage gegen Handyanbieter: Grüner will gespeicherte Daten wissen

Was genau speichern Netzbetreiber eigentlich für die Vorratsdatenspeicherung? Um das herauszufinden, verklagt der Grüne Malte Spitz nun seinen Handy-Anbieter, die Telekom.

Zieht für sein Auskunftsrecht bis vors Gericht: Grünen-Politiker Malte Spitz. Bild: screenshot malte-spitz.de

Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstands der Grünen, hat seinen Mobilfunkanbieter, T-Mobile verklagt. Der Grund dafür: Spitz will umfassende Auskunft darüber bekommen, welche seiner Daten der Handyanbieter tagtäglich speichert. Denn im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung dürften das eine ganze Menge sein. T-Mobile habe sich geweigert, alle über ihn gespeicherten, personenbezogenen Daten zu übergeben, so Spitz. Darum will er sie nun per Gericht einfordern - und bezieht sich dabei auf Paragraf 34 des Bundesdatenschutzgesetzes.

"Ich habe in den letzten Monaten verschiedene Push-Dienste benutzt. Da sich diese Technik permanent mit dem Netz abgleicht, um zu checken, ob neue Mails angekommen sind, werden vom Mobilfunkanbieter jegliche anfallenden Daten mitgespeichert", sagte Spitz gegenüber taz.de. Genaues wisse er aber nicht. "Etwa ob das funktioniert wie bei einem Internetserviceprovider, der auch die E-Mail-Kontakte protokolliert, oder wie beim Mobilfunk, bei dem der Standort gespeichert wird. Bisher bekommt man dazu keine Informationen."

Spitzs Befürchtungen sind nicht ohne Grund: Im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung, die seit 1. Januar 2008 in Kraft ist, müssen Handy-Netzbetreiber, Telefon- und Internet-Anbieter zahlreiche Verkehrsdaten zwangsweise speichern. Sechs Monate lang wird seither unter anderem vorgehalten, wer wann und mit wem telefoniert hat und in welcher Funkzelle sie oder er sich dabei gerade befand.

Der Polizei ist an diesen Daten, für deren Erhebung es keinen Anfangsverdacht braucht, interessiert, weil sie seither um Verdächtige herum sehr leicht ein Beziehungsnetz knüpfen kann und so genaue Bewegungsprofile möglicher Straftäter erstellt. Die Inhalte der Gespräche, SMS und Mails wird nicht gespeichert - dennoch ist die Kritik von Datenschützern an der Maßnahme immens.

Auch Kläger Malte Spitz ist scharfer Kritiker der Vorratsdatenspeicherung: "Ich finde es falsch, wenn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt wird und man keine Auskunft darüber bekommt, welche Daten über einen selbst gespeichert sind." Spitz geht es nicht nur um seinen eigenen Fall: Er klage stellvertretend für alle Mobilfunknutzer, sagt er. Als Kunde müsse man die absolute Hoheit über die Verwendung seiner Daten haben. "Daher muss ich auch wissen was gespeichert ist."

Die Klage sei aber auch ein gutes Mittel, um über das Thema aufzuklären und die Menschen für das Thema zu sensibilisieren, meint er. Es werde viele erschrecken, wenn sie anhand von Hunderten oder sogar Tausenden Seiten Protokolldaten erst das Ausmaß der Protokollierung ihres Lebens überblickten. "Ich klage gegen T-Mobile, weil ich dort Kunde bin. Wäre ich bei einem anderen Anbieter, würde ich gegen den klagen. Leider unterscheiden sie sich in der Frage nicht wirklich."

Udo Vetter, Strafverteidiger und Experte für Internetrecht, gibt Spitz' Klage gute Erfolgschancen. "Grundsätzlich hat jeder Bürger Anspruch auf Auskunft darüber, welche persönlichen Daten über ihn gespeichert sind und woher sie stammen, bei privaten wie öffentlichen Stellen. Das Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung macht hiervon keine ausdrückliche Ausnahme." Jeder Bürger habe sogar ein Interesse daran, seine Daten zu überprüfen. Nur so könne er feststellen, ob vielleicht falsche Verbindungen gespeichert sind, die ihn im Fall einer Fahndung unter falschen Verdacht stellen würden.

Praktische Erfahrungen zur Ermittlungen auf Basis von Vorratsdaten sind derzeit noch rar - und die Möglichkeit, dass es dabei zu Pannen kommen kann, halten Technikexperten für groß. Zu gigantisch sind die Datenmengen, die inzwischen zwangsweise über alle Bürger gespeichert werden müssen, zu komplex deren Verwaltung.

Als Symbolpolitik versteht Vetter Spitz' Klage dagegen nicht. Die Vorratsdatenspeicherung sei der brutalste Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, den der Staat seinen Bürgern bislang zugemutet habe. "Sämtliche elektronischen Verbindungsdaten werden gespeichert, Persönlichkeits- und Sozialprofile können erstellt werden. Da ist es doch das Mindeste, dass der Bürger auch erfahren kann, welche Verbindungsdaten über ihn erfasst sind."

Vetter kritisierte in diesem Zusammenhang die Mitarbeit der Mobilfunkanbieter beim Aufbau der Überwachungsinfrastruktur. "Ihre Gegenargumente bezogen sich immer nur auf die Kosten. Es würde ihnen gut zu Gesicht stehen, auch für die Kommunikationsfreiheit einzustehen. Diese ist nämlich Teil des Geschäftsmodells." Kommunikation unter staatlicher Überwachung mache nur noch eingeschränkt Spaß, so Vetter. Darüber könnten auch keine bonbonfarbenen Werbeplakate hinwegtäuschen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.