Klage gegen Corona-Verordnung: Kein Schadensersatz für den Wirt

Das Landgericht Hannover hat die Schadensersatz-Klage eines Gastronomen abgewiesen. Es ist das erste Urteil dieser Art – aber sicher nicht das letzte.

Gastwirt Gerrit Schweer vor seinem Lokal in Steinhude

Gastwirt Gerrit Schweer wollte Schadensersatz vom Land, doch das Gericht fand dafür keine Grundlage Foto: Ole Spata/dpa

HANNOVER taz | Die Verkündung des Beschlusses war unspektakulär, letztlich nur noch Formsache. Richter Thorsten Garbe erläuterte ihn im Flur des Landgerichts, vor einer Handvoll Journalisten. Dabei war das Urteil durchaus mit Spannung erwartet worden. Es ist bundesweit die erste Schadensersatzklage aufgrund der Coronaverordnungen, über die entschieden wurde.

Geklagt hatte der Gastwirt Gerrit Schweer, der ein Ausflugslokal am Steinhuder Meer betreibt. Aufgrund der erzwungenen Schließung von sechs Wochen verzeichnete er Gewinnausfälle von 52.000 Euro, wie sein Steuerberater ausgerechnet hat – davon sind die Corona-Soforthilfen in Höhe von 20.000 Euro schon abgezogen. Mindestens weitere 10.000 Euro Schadensersatz wollte der Wirt nun noch vom Land Niedersachsen haben.

Der Richter hatte allerdings schon in der mündlichen Verhandlung vor zwei Wochen deutlich gemacht, dass er dieser Klage wenig Aussicht auf Erfolg beimisst. Immerhin habe der Gesetzgeber ja bewusst auf eine Entschädigungsregelung verzichtet – in anderen Fällen, wie beim Verdienstausfall von Eltern, sei hingegen für entsprechende Regelungen gesorgt worden.

Der betroffene Gastwirt und sein Anwalt sind dann auch gar nicht mehr erschienen, als das Landgericht nun die Abweisung der Klage verkündete. Weder das Bundesinfektionsschutzgesetz noch die Landesgesetze gäben einen unmittelbaren Entschädigungsanspruch her, erklärte der Richter.

In Hamburg ruft das Gastronomen-Netzwerk „Leaders Club“ zu einer Sammelklage auf

Auch aus dem sonstigen Staatshaftungsrecht, also richterlichen Entscheidungen in anderen Fällen, oder dem, was man Gewohnheitsrecht nennt, ließen sich solche Ansprüche nicht ableiten. Dazu hätte der betroffene Gastwirt ein „Sonderopfer“ nachweisen müssen – also belegen müssen, dass er als Einzelfall übermäßig hart betroffen sei, erläutert Gerichtssprecher Dominik Thalmann.

Genau das ist hier aber nicht der Fall – denn betroffen von den Einschränkungen und Umsatzverlusten waren ja alle Gastronomen, im weiteren Sinne sogar alle Gewerbetreibenden. Und auch daraus leitet sich die Zurückhaltung des Richters ab: Es geht ja nicht nur um einen Entschädigungsanspruch, dem er mit seiner Entscheidung genüge tun würde – eine Haftung in diesem Fall hätte millionenschwere Auswirkungen auf Bundes- und Länderhaushalte.

Über diese bestimme in der Gewaltenteilung aber nun einmal das Parlament und nicht ein einzelner Richter. „Ein Richter kann an dieser Stelle den Willen des Gesetzgebers nicht einfach unterlaufen“, sagt Thalmann.

Richter Garbe sagte aber auch, er gehe nicht davon aus, dass seine Entscheidung rechtskräftig werde. „Der Kläger hat ja schon angedeutet, dies in der nächsten Instanz überprüfen lassen zu wollen.“ Das sei angesichts der Bedeutung des Falles ja auch verständlich.

Der Gaststättenverband Dehoga hat angekündigt, den Gastwirt bei seinem weiteren Weg durch die Instanzen unterstützen zu wollen. Und auch andernorts sind Klagen in Vorbereitung oder liegen schon bei Gericht. In Hamburg ruft etwa das Gastronomen-Netzwerk „Leaders Club“ zu einer Sammelklage auf und hat dafür die auf Verbraucherschutz spezialisierte Hamburger Rechtskanzlei Gansel engagiert.

Vor dem Landgericht in Osnabrück werden außerdem demnächst die Klagen dreier Gastronomen gegen ihre Versicherungen verhandelt. Die Versicherungsunternehmen hatten Zahlungen aus der Betriebsausfall-Versicherung abgelehnt – unter anderem mit dem Argument, dass der neuartige Coronavirus von der Police nicht abgedeckt sei, aber auch damit, dass eine präventive Schließung zur Vermeidung einer Pandemie nicht gleichzusetzen sei mit einer Betriebsschließung aufgrund einer konkreten Infektionsgefahr.

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