: K(k)lang P(p)erformance
■ Monsieur Jilles Petit, Klangforscher, Klangkomponist, Performancer, war am Wochenende zu Gast in Bremen
Wenn sich in kalter Novembernacht ein Dutzend Menschen zusammenfindet, um dem Quietschen, Scharren und Stampfen eines barfüßigen Individuums zu lauschen, scheint das keineswegs ungewöhnlich zu sein, gesetzt den Fall, unsere kleine Szene lokalisiert sich im freiraum theater in der Grundstraße. „K(k)lang-P(p)erformance“ stand am Wochenende auf dem Programm, Monsieur Jilles Petit (Paris), Klangforscher und -komponist, war zu Gast in Bremen, um sein „tiefes Verständnis des Tons im Bezug zum Raum“ zu demon
strieren.
Daß nur ein sehr privater Kreis von Interessierten erschien, kann dem Unbekanntheitsgrad des Künstlers und der von ihm vertretenen Kunstrichtung zur Last gelegt werden kann. Jedoch: Klangperformance habe eine lange Geschichte, wird mir versichert, und auch, daß Mr. Petit in Hamburg bereits über ein Stammpublikum und in Bremen über einige Schüler verfüge. Ein Schüler war auch sein musikalischer Partner und der/die eine oder andere hat sich sicher im Publikum befunden.
Das Petit-Programm läßt in erstaunlicher Breite alles zu: Performance von Geige a la Stockhausen über indischen Ausdruckstanz bis zu eingängigen Gitarren- und Gesangsinterpretationen. Begleitet von Schüler und Saxophonist Jürgen Fritz am Klangbecken gehörte wohl der Ausdruckstanz zu den Programmhöhepunkten.
Jilles Petit, keineswegs klein von Wuchs, verfügt über eine Ausstrahlung, Charisma nennt man das wohl, die die zeitweise doch ziemlich irritierten Besucher immerhin in den Bann schlug. Mag es an der fast intimen Atmosphäre, oder tatsächlich an der Darbietung gelegen haben, absolute Stille war die Folge, nicht einmal zu rascheln oder zu niesen getraute man sich , um nicht selbst eine Klang-Performance in Gang zu setzen.
Große Autorität ging vom Künstler aus, der das Lehrer -Schüler-Verhältnis gewohnt zu sein scheint. Das, was er macht, macht er zweifellos gut, nur muß man diese Mischung aus Klang-Ballett und Weltanschauung gleich mit verinnerlichen, um sich ein Urteil zu erlauben. Für den gesunden Menschenverstand (mit anderen Worten: keine Ahnung und jede Menge undifferenzierter Vorurteile), war es schon eine rechte Herausforderung und zuweilen etwas enervierend.
Kerstin Dreyer
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