: Kita-Card: Mittagstisch wird verschlankt
■ Jugendamt will pädagogisches Angebot kürzen – wenn die Eltern nicht mehr zahlen
Seit zwei Jahren verhandeln Stadt und Kita-Träger über eine Vereinbarung zur Kita-Card, neuerdings „Gutscheinsystem“ genannt. Kommende Woche rechnet Jugendamtsleiter Jürgen Näther endlich mit einem Ergebnis. Die Endrunde verlief streng geheim. Doch ein Detail sickerte jetzt durch: der Pädagogische Mittagstisch wird ins Kita-Card-System integriert und auf zwei Stunden täglich gekürzt. Statt bis um 16.30 Uhr werden die Kinder nur noch bis 15 Uhr betreut. Der „Pämi“ ist ein „niedrigschwelliges Angebot“ für über 1900 Kinder an rund 100 Standorten.
Diese Kürzung geht aus einem Behördenpapier hervor, das der taz vorliegt und dessen Eckpunkte Näther bestätigt: „Wir wollen das Angebot stauchen, so dass in der verfügbaren Zeit mehr Mitarbeiter da sind“, begründet er die Maßnahme. Denn für die verbleibenden zehn statt bisher 17,5 Öffnungsstunden pro Woche bleibt der alte Personalschlüssel von 21 Stunden erhalten, so dass – vorausgesetzt, man findet Menschen, die von so wenig Arbeit leben können - eine Doppelbetreuung der Pämi-Gruppen möglich ist.
Problematisch für Eltern: Der alte Preis, der bei 21 Mark für Arme begann und mit dem Höchstsatz von 150 Mark endete, soll bleiben. Pämi-Eltern müssen aber bis zu 340 Mark zahlen, wenn sie weiterhin die 3,5-Stunden-Betreuung wollen. Im Gegenzug kommen Hort-Eltern günstiger davon, wenn ihnen zwei Stunden reichen. Im Gutscheinsystem sollen alle Kitas den neuen „Hort 2“ anbieten dürfen. Möglich auch, dass manche Eltern künftig vom Amt nur noch zwei Stunden bewilligt bekommen, weil ihre Arbeitszeit früher endet.
Weiteres Problem: Künftig müssen alle Pämi-Kinder eine offizielle Bewilligung vom Jugendamt bekommen, die nach hierarchischen Kriterien erfolgt. Nur der „dringende soziale Bedarf“ von Kindern steht hier an erster Stelle. Je nach Kassenlage könnten Kinder, die heute einen Pämi besuchen, künftig keinen Platz bekommen.
„Der Pämi hat den Vorzug, dass er ein sehr niedrigschwelliges Angebot ist, das Eltern keine Behördengänge abverlangt“, sagt auch Sabine Kohlhof vom „Verband für Kinder- und Jugendarbeit“, der zwei Pämis an Bauspielplätzen betreibt. „Die Eingliederung in das Bewilligungssystem bedeutet Abschreckung und mehr Bürokratie.“
„Der Pämi war für uns immer eine Art –Hort light' mit schlechtes-ter Ausstattung“, sagt Matthias Taube vom Elternverein Familien-Power. „Da ist eine Verkürzung der Zeit ehrlicher.“ Allerdings sei es fraglich, ob zwei Stunden genug sind: „Da bleibt neben Mittagsessen und Hausaufgaben für Förderung keine Zeit.“ Kaija Kutter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen