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Kirchliche Demonstration im KongoTränengas beim Ave Maria

20 Jahre nach dem "Christenmassaker" wollen die Gemeinden beten und erinnern. Die anschließende Demonstration für Demokratie wird gewaltsam gestoppt.

Ein Polizist im Kongo mit einer Tränengaskanone (im Dezember 2001). Bild: reuters

BERLIN taz | Seit fünf Uhr früh hatten sie sich in den Kirchengemeinden der 10-Millionen-Stadt Kinshasa versammelt, zum Gebet. Christen aller Religionsgemeinschaften der kongolesischen Hauptstadt waren am 16. Februar dazu aufgerufen, erst zu beten und dann zu demonstrieren.

Die Aktion sollte an die Opfer eines blutig niedergeschlagenen Marsches für mehr Demokratie vor zwanzig Jahren erinnern, aber auch zu einer neuen Demokratiebewegung nach den umstrittenen Wahlen vom November 2011 mobilisieren.

Der vom Laienverband der katholischen Kirche und Oppositionsaktivisten angekündigte Sternmarsch aus allen Stadtteilen bis zur großen katholischen Kirche St. Joseph im Künstlerviertel Matonge fand allerdings nicht statt. "Die Behörden haben Soldaten und Polizisten vor allen Kirchen postiert, also konnten die Leute nicht marschieren", berichtet Jean-Claude Katende, Leiter der Menschenrechtsorganisation Asadho (Afrikanische Menschenrechtsvereinigung) aus Kinshasa.

Vor der Kirche St. Joseph sei Tränengas eingesetzt worden. Im Rundfunk wurde berichtet, es sei mit Tränengasgranaten auf Gläubige geschossen worden, während sie das "Ave Maria" sangen. Es habe außerdem in Strömen geregnet.

Am 16. Februar 1992 hatten auf einen Aufruf der Kirche hin Zehntausende in Kinshasa gegen den damaligen Diktator Mobutu Sese Seko demonstriert, nachdem dieser eine "Nationalkonferenz" zur Vorbereitung freier Wahlen aufgelöst hatte. Soldaten lösten den Marsch mit Gewalt auf; es gab Dutzende Tote. Die Leichen wurden an der Kirche St. Joseph gesammelt. Der 16. Februar gilt seither als Tag des "Christenmassakers".

Keine Waffen, bitte

Die katholische Kirche, größte Religionsgemeinschaft des Kongo, stand 1992 an vorderster Front der Demokratiebewegung. Heute lehnt sie mehrheitlich den Wahlsieg von Präsident Joseph Kabila 2011 als Fälschung ab. Sie steht der größten Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) nahe, deren Führer Etienne Tshisekedi seit der Wahl faktisch unter Hausarrest lebt.

Der Demonstrationsaufruf für den 16. Februar 2012 sah vor, dass die Gläubigen ohne Waffen erscheinen und nur religiöse Symbole mitbringen - Kruzifixe, Bibeln, Korane. Gefordert wurde unter dem Motto "Für Gerechtigkeit und Wahrheit" die Annullierung der Wahlen und der Rücktritt der Wahlkommission.

Kinshasas Stadtverwaltung verbot den Marsch am Mittwoch. Die Regierung schloss außerdem den katholischen Fernsehsender Elikya sowie die zwei größten Privatsender Kinshasas, Canal Congo und Canal Kin.

Kongos neugewähltes Parlament trat derweil gestern in Kinshasa zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen, obwohl die meisten Wahlergebnisse noch vor Gericht angefochten werden. Die UDPS als größte Oppositionsfraktion war einzig durch den Abgeordneten Timothée Kombo Nkisi vertreten, der als 75-Jähriger zum Alterspräsidenten gewählt wurde und damit provisorisch Parlamentspräsident ist. Dies kann als Signal der Öffnung seitens Kabilas gewertet werden. Zugleich widerspricht es der Linie der UDPS, die das Parlament boykottiert.

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