Kirche: Keine Abhilfe
Sie schweige weiter: St. Martini lässt Frauen noch immer nicht auf die Kanzel
Die Bilanz ist ernüchternd: Während sich die Bremer evangelische Kirche (BEK) anschickt, weltoffene Gastgeberin für den ohnehin als politische Speerspitze des Protestantismus geltenden Kirchentag zu sein, bleibt das Kanzelverbot für Frauen in der Innenstadt-Gemeinde von St. Martini unangetastet. Die BEK erklärt sich wegen der "Glaubens-, Gewissens- und Lehrfreiheit" der Gemeinden für nicht handlungsmächtig, der Kirchensenator für nicht zuständig - weshalb auch eine Eingabe an die Bürgerschaft mit dem Vermerk endete: "Nicht abhilfefähig".
Was hat sich sonst getan, seit vor genau einem Jahr die gastweise für eine Beerdigung eingesprungene Pastorin gehindert wurde, im Talar von der Kanzel zu predigen? Eine Wahl wurde verschoben: Erst im zweiten Anlauf durfte Klaus Bartels vom Martini-Vorstand in den Rechts- und Verfassungsausschuss der BEK aufrücken. Ansonsten vermied die BEK-Synode die Konfrontation, Schriftführer Renke Brahms beschränkte sich auf das Führen eines Hintergrundgesprächs. "Im Moment ist die BEK sehr versöhnlich gestimmt", formuliert Jutta Konowalczyk-Schlüter, Vorsitzende der evangelischen Frauenarbeit im Land Bremen, vorsichtig.
Lediglich beim Thema Geld hat die BEK gegenüber der Gemeinde auf den Tisch gehauen: Wegen der Erhebung von Gebühren für Taufen und Trauungen erhielt sie eine Rüge. Der Organist bekommt 25 Euro, die Küster arbeiten ehrenamtlich, am Wochenende ist ohnehin geheizt - da erscheinen 500 Euro für Amtshandlungen, die überwiegend ohnehin im Rahmen des Hauptgottesdienstes vorgenommen werden, reichlich hoch. "Wir sind da vielleicht etwas scharf ran gegangen", gibt Bartels zu. Die Gebühren würden jedoch ausschließlich von Externen verlangt. Gemeindemitgliedern, die "das Bekenntnis zu Jesus Christus offensichtlich verworfen" haben, muss die Bestattung laut "Lebensordnung" der Gemeinde allerdings ohnehin verweigert werden.
Zur Frage der Frauenordination möchte sich Bartels derzeit öffentlich nicht äußern. Die Gemeinde sei jedoch durchaus in Bewegung, das zeige sich an der nach langen Diskussionen beschlossenen Beteiligung am Kirchentag. Auch das Anbringen des grünen Banners, mit dem die übrigen 83 Bremer Kirchen seit Wochen auf den Kirchentag hinweisen, werde erwogen. Doch während sich sogar bei den Katholiken, nebenan in St. Johann, die Kirchentags-Termine drängen, begnügt sich Martini mit drei Vorträgen, etwa zur Frage: "Gott - ein Hirngespinst?" Zudem durfte der Kirchentag zwei Konzerte platzieren.
Manchen geht die Öffnung der Gemeinde zu langsam: Elisabeth Motschmann, die frühere Ikone einer anti-feministischen Theologie, kirchenpolitische Sprecherin der CDU, der Gemeinde auch als Pastorengattin über Jahrzehnte verbunden, kehrt ihr den Rücken: Die Ablehnung der Frauenordination könne sie nicht mittragen.
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