Kinderschutz: Paten suchen neuen Paten
Patenschaftsprojekt für Kinder mit psychisch kranken Eltern steht vor dem Aus. Senat will kein Geld geben.
Sophies Mutter ist psychisch krank. Wenn es ihr schlecht geht, kümmert sich ein Pate um Sophie. Doch damit könnte bald Schluss sein. Denn Sophie gehört zu einem der 18 Kinder des Patenschaftsprojekts des Vereins Ambulante Sozialpädagogik Charlottenburg (Amsoc). Der kann das Projekt nicht mehr finanzieren.
Auf Geld vom Senat hofft Projektleiterin Katja Beeck bislang vergeblich. Beeck ärgert das. "Alle reden von Kinderschutz, aber niemand will ihn finanzieren", sagt sie. Bisher wurden die Patenschaften als Modellprojekt von der Aktion Mensch und der Hermann-Reemtsma-Stiftung gefördert. Die auf drei Jahre begrenzte Finanzierung ist jedoch am vergangenen Freitag ausgelaufen.
"Das Landesjugendamt hat den Bedarf von Patenschaften nie bestritten", sagt Beeck. Amsoc hat bereits mehrere Anträge auf eine Etablierung des Projekts als Regelangebot gestellt. Trotzdem hat der Senat noch nicht über eine Finanzierung entschieden. Sie sei stets auf die schlechte Haushaltslage des Senats hingewiesen worden, berichtet Beeck.
Das Patenschaftsprojekt hat Beeck 2005 gemeinsam mit einer Kollegin ins Leben gerufen. Bisher haben sich vor allem alleinerziehende Mütter an Amsoc gewandt. "Kinder psychisch kranker Eltern sind selbst gefährdet zu erkranken", sagt Beeck. Emotional stabile Bezugspersonen seien der beste Schutz davor. "Die Paten bieten den Kindern Stabilität, wenn sonst niemand da ist, der das tun kann", sagt Beeck.
Vom Senat fühlt Beeck sich im Stich gelassen. Ihr Antrag auf Finanzierung werde zwischen verschiedenen Abteilungen hin und her geschoben - ohne Ergebnis. "Nicht jedes privat gegründete Projekt hat einen gesetzlichen Anspruch auf eine Förderung mit öffentlichen Mitteln", sagt Bernhard Kempf, Sprecher der zuständigen Senatsverwaltung für Bildung und Jugend. "In erster Linie muss der Senat die vorhandenen öffentlichen Hilfsdienste finanzieren", so Kempf. Der Senat könne nicht jedem privaten Träger eine Förderung versprechen. "Es gibt jedoch kein mit unserem Projekt vergleichbares Angebot in öffentlicher Hand", sagt Beeck. Ein wenig Hoffnung, doch noch eine Förderung zu bekommen, hat sie auch noch: Am 11. März hat sie erneut ein Gespräch mit der Senatsverwaltung.
Beeck betont den Bedarf für das Patenschaftsprojekt. "Wir haben momentan eine Warteliste mit etwa 30 alleinerziehenden und psychisch erkrankten Elternteilen." Viele eigentlich Hilfsbedürftige seien bereits abgesprungen, weil es keine Perspektive für das Projekt gibt. "Wir können keine neuen Paten anwerben und ausbilden, wenn die Finanzierung nicht gesichert ist." Lediglich die bestehenden Patenschaften finanziert die Hermann-Reemtsma-Stiftung noch für ein weiteres Jahr. Für eine finanzielle Förderung müsste der Senat das Patenschaftsprojekt als Hilfen zur Erziehung anerkennen. In Bremen ist das dem Verein Pflegekinder in Bremen mit der gleichen Projektidee gelungen.
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