Kinderpornografie im Netz: Internetseiten-Sperrung fast unmöglich
Die Familienministerin will Kinderporno-Websites sperren lassen. Doch Experten befürchten, dass die Verbreitung von Kinderpornografie dann noch schwieriger zu entdecken ist.
An dem Vorschlag von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Provider zur Sperrung von kinderpornografischen Webseiten zu verpflichten, mehrt sich die Kritik. "Es gibt eine Reihe von technischen und rechtlichen Problemen, wenn man das umsetzen will", sagt Maritta Straffer, Sprecherin des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft, der unter anderem die Provider vertritt.
Von der Leyen hatte sich dafür ausgesprochen, dass das Bundeskriminalamt Listen mit illegalen Seiten erstellt. Die sollten dann von den Providern gesperrt werden. Für die erforderliche Änderung des Telemediengesetzes gebe es bereits eine breite Mehrheit aus allen Parteien, sagte die Familienministerin.
Selbst wenn das Fernmeldegeheimnis so weit eingeschränkt würde, dass ein Provider den Inhalt analysieren und sperren und nicht nur wie bis jetzt weiterleiten darf, würden Täter die Sperrung umgehen, kritisiert Straffer. So könnten die Anbieter von Kinderpornografie auf einen anderen Server umziehen oder ihre IP-Adresse ändern. Nutzer, die die Angebote aufsuchen wollten, würden einen Anonymisierungsdienst verwenden oder einen anderen Proxiserver einstellen. "Jede technische Sperrung ist umgehbar", so Straffer.
Auch der Internet-Aktivist und Kommunikations-Designer Alvar Freude weist auf die Probleme des Vorschlags der Familienministerin hin. Zwar würden Länder wie Großbritannien und die skandinavischen Staaten gerne als Vorbild genommen. So versucht beispielsweise Finnland bereits seit 2006, kinderpornografische Inhalte im Netz zu sperren. Doch zum einen seien auch legale pornografische und nicht-pornografische Inhalte auf dem Index gelandet. Und zum anderen würde die Mehrzahl der Seiten sowieso außerhalb von Finnland betrieben - die Täter agieren also weiter. "Abgesehen davon, dass eine Liste von verbotenen Webseiten ganz schnell bekannt und fast genauso schnell veraltet ist", sagt Internet-Aktivist Freude.
Auch Straffer berichtet von einem "Katz-und-Maus-Spiel" zwischen Providern und Seiten-Betreibern. Würde eine Seite gesperrt, könne der Täter einfach eine neue auf einem anderen Server eröffnen. Freude befürchtet zudem, dass die Verfolgung noch schwieriger werden könnte, würde der Vorschlag umgesetzt werden. "Die Anbieter würden einfach in geschütztere Ecken des Internet ausweichen", prognostiziert er.
Sandra Clements, Sprecherin des Bundeskriminalamts, verteidigt dagegen den Vorschlag von der Leyens. Mit konkreten Problemen, technischer wie rechtlicher Natur, habe man sich allerdings noch nicht auseinander gesetzt. "Schließlich ist es bislang nur ein Vorschlag." Laut BKA nehmen die Betreiber mit kinderpornografischen Seiten jeden Monat Beträge in Höhe von mehreren Millionen Euro ein. Und die Nachfrage steige: Die Fälle, in denen Kinderpornografie über das Internet beschafft wurde, hätten sich im vergangenen Jahr verdoppelt.
"Anstatt die Seiten zu sperren, wäre es sinnvoller, mehr Geld in die Strafverfolgung zu stecken", fordert Freude. Straffer plädiert vor allem für eine internationale Kooperation, wie sie in Ansätzen bei der Internet-Beschwerdestelle zu finden sei, die bereits jetzt mit entsprechenden Einrichtungen anderer Länder zusammenarbeite. Die habe schließlich auch zur Operation "Himmel" geführt. Bei der Aktion im Dezember 2007 waren auf den Hinweis eines Providers Ermittlungen gegen tausende Nutzer angelaufen. Das Vorgehen geriet aber im Juli in die Kritik, als das Landgericht Aachen die Wohnungsdurchsuchung eines Beschuldigten für rechtswidrig erklärte.
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