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Kinderhilfswerk fordert Rauchverbot auf Spielplätzen in BerlinBerlin fördert Jungraucher

Das Land muss das Rauchen auf Spielplätzen verbieten, fordert das Kinderhilfswerk - bislang verstoße Berlin gegen die UN-Kinderrechtskonvention.

Auf Berlins Spielplätzen sollte Rauchverbot herrschen - so fordert es das Kinderhilfswerk Bild: AP

Das Deutsche Kinderhilfswerk hält die Berliner Bestimmungen zum Nichtraucherschutz für unzulänglich. "Die Regelungen verstoßen gegen die UN-Kinderrechtskonvention", sagte Hilfswerk-Chef Thomas Krüger am Donnerstag. Er forderte vom Abgeordnetenhaus landesweite Rauchverbote auf Kinderspielplätzen und bei Tagesmüttern. Andere Bundesländer würden bereits so handeln. In Berlin liegt die Entscheidung über die Spielplätze bei den Bezirken, das soll nach Senatsangaben auch so bleiben.

Deutschland hat in der UN-Konvention unter anderem "das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit" anerkannt, wie es in Artikel 24 heißt. Aber weder auf Spielplätzen noch in privaten Tagespflegestellen sei in Berlin das Rauchen flächendeckend untersagt, kritisiert das Kinderhilfswerk, das zu dem Thema eine bundesweite Studie erarbeitet hat. Beim Rauchen auf Spielplätzen geht die Gefahr für Kinder weniger vom Passivrauchen als von den hochgiftigen Zigarettenkippen und der Vorbildfunktion aus.

Bei Gesundheitspolitikern im Abgeordnetenhaus heißt es, die Sache sei mit dem Nichtraucherschutzgesetz nicht zu regeln, denn das betreffe nicht Flächen unter freiem Himmel. Deshalb müsse man über den Umweg des Grünanlagengesetzes gehen. Dort aber gibt es lediglich eine "Kann"-Bestimmung - die Bezirke können verbieten, müssen es aber nicht tun. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat nach eigenen Angaben bloß empfohlen, davon Gebrauch zu machen. Auch Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) will keinen Druck ausüben. "Wir gehen davon aus, dass die Bezirke verantwortungsvoll im Sinne des vorbeugenden Kinder- und Jugendschutzes handeln", kommentierte ihre Sprecherin.

Uwe Kamp, Referent des Hilfswerks, mag die Berliner Haltung nicht nachvollziehen: Bayern, Brandenburg und das Saarland würden in ihren Gesetzen klar das Rauchen auf Spielplätzen verbieten. Sogar sechs Bundesländer würden das Rauchen in den Räumen von Tagesmüttern verbieten. In Berlin ist laut Kamp lediglich untersagt, in Gegenwart der Kinder zu rauchen.

Wie sinnvoll ein Rauchverbot auf Spielplätzen wäre, ist bei den Gesundheitspolitikern weithin unstrittig. Die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche verweist auf eine Studie in Friedrichshain-Kreuzberg von 2006, die Spielplätze auf Kippen untersuchte. "Die Ergebnisse sind alarmierend", heißt es darin. An einem Standort fand sich ein Spitzenwert von mehr als 4.500 Kippen. Laut Kinderhilfswerk musste der Berliner Giftnotruf 2007 rund 260-mal ausrücken, weil es zu einer Nikotinvergiftung bei Kindern gekommen war. Die Zahl lässt allerdings offen, ob die Kinder die Kippen auf Spielplätzen oder zu Hause schluckten.

Für den gesundheitspolitischen Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Albers, lässt sich die Sache nur vordergründig mit Gesetzen regeln: "Wir können die Kinder auf Spielplätzen schützen, aber zu Hause raucht ihnen der Vater eine Zigarette nach der anderen vor." Das räumt auch Kamp vom Hilfswerk ein. Rauchen zu Hause oder im Auto mit Kindern ließe sich nur über das Strafrecht als Körperverletzung erfassen, "aber dazu wird es wohl nicht kommen".

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4 Kommentare

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  • PK
    Peggy K.

    Egal ob die "Gesundheit der Kinder" ein Vorwand ist oder nicht. Auch mal abgesehen davon wodurch Kinder Allergien bekommen oder sich verletzen können. Fakt ist ,dass ein Kinderspielplatz wie das Wort schon sagt für Kinder ist und diese per Verstand und Gesetz nicht rauchen dürfen. Also für die Eltern ein schritt vor den Zaun außerhalb des Spielplatzes und gut is.

  • L
    Lionel

    Von welchen wissenschaftlichen Untersuchungen spricht Leser alex B hier eigentlich? Vielleicht kann er uns mal schlaumachen, oder drückt er hier nur seine Abneigung gegen Raucher aus?

    Das Kinderhilfswerk macht sich hier zum Handlanger der WHO und der Pharmaindustrie, wenn es Rauchverbot in Autos und Wohnungen fordert.

    Unter dem Deckmäntelchen des Gesundheitsschutzes für Kinder wird versucht, endlich eine Handhabe für Eingriffe in die geschützte Privatsphäre im ideologischen Kampf für eine rauchfreie Welt zu finden. Kinder sind immer ein guter Aufhänger für ideologische Kämpfer, wer ist schon gegen "Gesundheitsvorsorge" für Kinder? Interessant ist, daß diese Leute es nicht einmal mehr für nötig befinden, wissenschaftliche Beweise für die behauptete Gesundheitsgefährdung zu liefern. Der Mega-Etat der WHO für "Tabakkontrolle" (10 Millarden US Dollar, auch mit Spenden der Pharmaindustrie) trägt offenbar bereits Früchte.

  • AB
    alex B.

    Bedarf es eigentlich wirklich noch weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen, daß die Kinder, die in der Wohnung der Eltern, im Auto oder wo auch immer, Zigarettenrauch einatmen mußten, später verstärkt unter massiven Allergien, Asthma, Entwicklungsstörungen und Krebserkrankungen leiden?

    Wer in Gegenwart von Kindern raucht, mißhandelt Kinder genauso wie ein Mißhandler durch Schläge, wenn nicht schlimmer.

    Warum sollte da der Tatbestand der Körperverletzung nicht vollständig erfüllt sein?

  • GB
    Gerald B. Hacker

    Das Recht des Kindes auf das erreichbare Hoechstmass an Gesundheit? Das ist doch orwellscher Schwachsinn. Das Hoechstmass an Gesundheit des Kindes wird erreicht, wenn es erst gar nicht auf einen Spielplatz geht! Schliesslich koennte man sich da leichter verletzen als z.B. im Bett. Sollen die Kids jetzt also ganztaegig im Bett bleiben? Ich pruefe eine Klage beim EuGh.