Kindergelderhöhung verschoben: Das Warten auf die Kohle
Die für 2009 vorgesehene Kindergelderhöhung wird um ein Jahr verschoben. Auch beim Betreuungsgeld heißt es warten: Merkel will die Einigung mit der SPD vertagen.
Die für 2009 geplante Kindergelderhöhung wird ein weiteres Jahr auf sich warten lassen. Am Wochenende bestätigte das Familienministerium entsprechende Presseberichte. Der Koalitionsausschuss hat demnach vergangene Woche beschlossen, die Erhöhung nicht, wie ursprünglich geplant, auf 2009 vorzuziehen.
Die Höhe des Kindergeldes hängt vom steuerfreien Existenzminimum ab, das regelmäßig in einer Studie neu ermittelt wird. Dieser Bericht sollte ursprünglich um einige Monate vorverlegt werden, damit eine entsprechende Kindergelderhöhung noch rechtzeitig verabschiedet werden kann. Nun bleibt alles beim Alten, die Studie erscheint erst Ende 2008, wenn der Haushalt 2009 längst beschlossen ist. Das Kindergeld wird dann wohl erst 2010 erhöht. "Wir mussten die Entscheidung des Koalitionsausschusses akzeptieren", sagte Familienministerin von der Leyen (CDU) dazu. In den Ministerien wird ohnehin nur mit einer geringen Erhöhung der Leistung gerechnet.
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel nannte die Verschiebung eine "Sauerei". Es sei ein Unding, dass Finanzminister Peer Steinbrück seinen Haushalt auf Kosten der Kinder saniere und von der Leyen sich geschlagen gebe. Die Familienministerin dagegen verweist darauf, dass sie in Zukunft mehr Kinder aus der Armut holen möchte, indem der Kinderzuschlag für Geringverdiener ausgeweitet wird. Diese maximal 140 Euro pro Kind und Monat bekommen zur Zeit etwa 124.000 Familien. Ihre Zahl soll auf 500.000 wachsen, wofür der Koalitionsausschuss 200 Millionen Euro neu eingeplant hat.
Das Kindergeld wird mit Hartz-IV-Leistungen verrechnet. Eine Kindergelderhöhung nützt deshalb den Kindern von Hartz-IV-Empfängern nichts. Vom Kinderzuschlag dagegen könnten einige Familien profitieren, die bisher zusätzlich zu ihrem geringen Einkommen Hartz-IV-Leistungen bezogen. Bekämen sie stattdessen den Kinderzuschlag, so entfiele ihre Bedürftigkeits- und Vermögensprüfung. Allerdings kritisiert der Kinderschutzbund, der Zuschlag falle generell zu mager aus.
Auch eine ganz andere Art der Geldleistung für Familien rückt laut einer Meldung des Spiegels in weite Ferne: Das Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen wollen, werde auf die lange Bank geschoben, meldet das Blatt. Bundeskanzlerin Angela Merkel soll bei einer internen Besprechung mit den zuständigen MinisterInnen und FachpolitikerInnen gesagt haben, gegenwärtig gebe es keine Chance, sich mit dem Koalitionspartner SPD über diese Frage zu einigen. Ein neuer Versuch lohne sich erst nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen Ende Januar nächsten Jahres.
Die Union will dem von der SPD geforderten Rechtsanspruch auf einen Kinderkrippenplatz nur zustimmen, wenn in dem Gesetz auch das Betreuungsgeld verankert wird. Das lehnt die SPD jedoch ab und spricht von einer "Herdprämie".
In welcher Form das Betreuungsgeld in den Gesetzentwurf Eingang findet, der Eltern den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz zusichert, ist im Moment Streitpunkt zwischen Finanz- und Familienminsterium. Das Finanzministerium besteht darauf, die Passage, in der das Betreuungsgeld für 2013 in Aussicht gestellt werde, wieder aus dem Gesetzestext zu entfernen. Das Familienministerium will den Entwurf noch vor Weihnachten ins Kabinett bringen. Wenn sich nun bestätigt, dass Kanzlerin Merkel den Betreuungsgeldstreit vertagen möchte, könnte das bedeuten, dass Steinbrück sich mit seiner Forderung durchgesetzt hat.
Eine Schlappe musste der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) mit seinem Vorstoß für ein Betreuungsgeld von 150 Euro auf dem Landesparteitag in Freiburg hinnehmen. Die knapp 400 Delegierten wiesen den Antrag zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen