Kieler Woche: Generalprobe für London
Die Weltklasse ist bei der 130. Kieler Woche nur spärlich vertreten. Sie bereitet sich in stürmischeren Revieren auf die Olympischen Spiele in England vor.
In Kiel ist die fünfte Jahreszeit angebrochen. Doch der erste Wettkampftag lief nicht optimal für die Lokalmatadoren Tobias Schadewaldt und Hannes Baumann in ihrer 49er Jolle.
Am Sonntag gingen die Titelverteidiger bloß von Platz 13 ins Rennen. „Im letzten Jahr hat uns die Revierkenntnis auf der Kieler Förde enorm geholfen, den Titel zu erringen“, sagte Steuermann Schadewaldt im Vorfeld der 130. Kieler Woche. „Wir hoffen, an diese Leistung anknüpfen zu können und peilen einen Platz auf dem Podium an.“
Das ist bis Dienstag, wenn die 49er Klasse ihre Regatten abgeschlossen hat, allemal noch drin. Wichtiger ist den beiden Kielern ohnehin, sich für die Olympischen Segelwettbewerbe, für die sie erstmals qualifiziert sind, den letzten Schliff zu holen.
Für die Olympischen Spiele nominiert sind:
Laser Radial: Franziska Goltz
Laser Standard: Simon Grotelüschen
RS:X Women: Moana Delle
RS:X Men: Toni Wilhelm
470 Men: Ferdinand Gerz und Patrick Follmann
470 Women: Kathrin Kadelbach und Friederike Belcher
Star: Robert Stanjek und Frithjof Kleen
49er: Tobias Schadewaldt und Hannes Baumann
Alle vier Jahre steht das größte Segelsportfest der Welt, zu dem auch in diesem Jahr wieder 3 Millionen Zuschauer erwartet werden, im Schatten eines noch größeren Ereignisses. Auf das bereiten sich viele Spitzensegler in Revieren vor, die den olympischen Strecken ähnlicher sind als die Ostsee. Auch wenn am Wochenende ein frischer Wind in der Kieler Bucht blies – das Nordseeklima vor England ist doch wesentlich rauer. Und so sind die Teilnehmerfelder in den Olympischen Klassen auch in diesem Jahr mit nur 300 gemeldeten Booten schwach besetzt.
Die deutschen Teilnehmer in den acht nominierten Olympischen Klassen sind allerdings vollständig am Start, um vor heimischer Kulisse noch ein Erfolgserlebnis einzufahren. Das haben auch Schadewaldt/ Baumann nötig, denn vom Weltcup im olympischen Segelrevier in Weymouth kehrten sie als 17. zurück.
„Da testeten wir allerdings auch eine neue Mast-Segel-Kombination“, sagt Schadewaldt. „In der Regatta kamen wir mit dem Set-up allerdings nicht so gut zurecht. Top-Speed war möglich, erforderte aber zu viel Aufmerksamkeit. So fehlte uns wertvolle Energie in den Bereichen Strategie und Taktik, Ungenauigkeiten in der Positionierung waren die Folge und verhinderten ein besseres Ergebnis.“
Kaum jemand analysiert die eigenen Leistungen so selbstkritisch wie der frisch gebackene Master of Business Administration und der Schiffsbaustudent. Seit vier Jahren segeln sie zusammen und haben sich in der Zeit von Platz 134 auf Platz drei der Weltrangliste verbessert. Besonders zusammengeschweißt hat sie ein Ereignis, das Tobias Schadewaldt fast das Leben gekostet hätte.
Nach einem Trainingsunfall vor Mallorca 2010 kentert das Boot, Schadewaldt geriet unter den Rumpf und verhakte sich in den Schoten. Sein Vorschoter musste ihm per Mund zu Mund Beatmung Sauerstoff zuführen, mit letzter und vereinter Kraft gelang die Befreiung aus der Takelage.
„Das verbindet uns weit über den Segelsport hinaus und hat das Vertrauen ineinander in extremen Situationen gestärkt“, sagt Schadewaldt heute über dieses schreckliche Erlebnis. In Weymouth hoffen die beiden, das Medalrace der besten Boote zu erreichen.
„Das Revier liegt uns sehr gut“, sagt Schadewaldt. „Ich komme ja aus Wilhelmshaven und habe auf der Nordsee das Segeln gelernt.“ Aber auch das Gefühl für die Ostsee kommt langsam wieder – nach der fünften Wettfahrt am Sonntagnachmittag lagen die beiden schon wieder auf Platz 3.
Auch die anderen Olympiateilnehmer, die am Mittwoch feierlich Richtung London verabschiedet werden, lagen am Sonntag überwiegend aussichtsreich im Rennen. Bei den 470ern führte das Gespann Gertz/ Follmann. Bei den männlichen Lasern lag Simon Grotelüschen genauso in Front wie Franziska Golz bei den weiblichen.
In diesem Jahr feiert eine junge Sportart Kieler-Wochen-Premiere, die 2016 in Rio de Janeiro in die Olympischen Spiele integriert wird: das Kite-Surfen. „Wir wollen Kiten schon in diesem Jahr anbieten und das auch zuschauer- und medien-nah, aber wir werden noch ein wenig experimentieren und improvisieren“, sagt der Organisationsleiter Jobst Richter.
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