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Keylogger-Affäre in der tazFahndung wegen 6.400 Euro

Früherer taz-Redakteur wird per Haftbefehl gesucht, weil er seine Geldstrafe nicht zahlte. Er war wegen Ausspähung von Daten verurteilt worden.

Der 2015 in der taz-Redaktion sichergestellte Keylogger Foto: taz

BERLIN taz | In Folge der so genannten Keylogger-Affäre wird der frühere taz-Redakteur Sebastian Heiser inzwischen per Haftbefehl gesucht. Weil er die Geldstrafe in Höhe von 6.400 Euro nicht bezahlte, sei ein Vollstreckungshaftbefehl erlassen worden, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner auf taz-Anfrage.

Sebastian Heiser war im Februar 2015 in der taz-Redaktion dabei erwischt worden, wie er einen sogenannten Keylogger von einem Rechner abzog, mit dem er im Zeitraum von über einem Jahr Kolleginnen und Kollegen ausspioniert hatte. Anfang 2017 wurde er deshalb zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt.

Weil Heiser nicht zum Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten erschienen war, verhängte das Gericht einen Strafbefehl, gegen den er keinen Einspruch erhob. Der 39-Jährige ist seitdem rechtskräftig verurteilt und vorbestraft. Sollte er nun verhaftet werden, muss er 160 Tage ins Gefängnis. Er könnte diese Ersatzfreiheitsstrafe aber immer noch abwenden, wenn er die ausstehende Summe bezahlt.

Nach seinem Auffliegen hatte Sebastian Heiser sich in ein Land in Südostasien abgesetzt, das über kein Auslieferungsabkommen mit Deutschland verfügt. Dort ließ er sich nach taz-Recherchen einen neuen Reisepass ausstellen, der über die Verjährungsfrist der Strafvollstreckung hinaus gültig ist. Diese beträgt in seinem Fall fünf Jahre und kann laut Strafprozessordnung auf siebeneinhalb Jahre verlängert werden, „wenn der Verurteilte sich in einem Gebiet aufhält, aus dem seine Auslieferung oder Überstellung nicht erreicht werden kann“. Die Staatsanwaltschaft spricht davon, dass Heisers Aufenthaltsort unbekannt sei.

Sebastian Heisers Anwalt Carsten Hoenig wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Heiser selbst ist für die taz und Personen aus seinem persönlichen Umfeld seit Jahren nicht zu erreichen. Lange nutzte er einen anonymen Twitteraccount, mit dem er regelmäßig vor allem Medienberichte kritisch kommentierte oder korrigierte. Seit mehr als einem Jahr ist auf diesem Account keine Aktivität mehr zu verzeichnen.

Im Juni 2016 publizierte die taz die Ergebnisse einer aufwendigen Rekonstruktion der Ereignisse. Demnach waren mindestens 23 Personen von der Ausspähung betroffen, darunter 19 Frauen, die meisten von ihnen Praktikantinnen. Im Zuge dieser Recherche wurde der frühere Kollege an seinem neuen Wohnort in Südostasien aufgespürt, er wollte sich aber nicht äußern.

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4 Kommentare

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  • Verstehe ich nicht wegen solcher Summe in Asien ab zu tauchen!

    Wenn er dann gedenkt zurück zu kommen, hängt ihm die Geschichte dich erst recht an.

    Wenn er es nicht auf einmal bezahle könnte, so ist doch sicher Ratenzahlung möglich.

    Für mich ist das nicht schlüssig, als wäre an der Geschichte doch mehr dran.

    Oder er ist menschlich ein wenig sehr ungeschickt!

  • "Im Juni 2016 publizierte die taz die Ergebnisse einer aufwendigen Rekonstruktion der Ereignisse."

     

    Eine gnadenlose Jagd, die offenbar immer noch nicht zu Ende ist. Irgendwie eklig.

    • @A. Müllermilch:

      Was ist denn daran eklig, wenn die TAZ weiterhin über einen Schurken berichtet?

  • Facebook macht doch systematisch, was dieser "Kollege" manuell betrieben hat. Soso, er hat Praktikantinnen ausspioniert. Da ist doch bestimmt noch mehr hinter der Geschichte.