■ Keine rosigen Aussichten: Eine neue Festung
Den vielen aufmunternden Sprüchen gerade aus dem Munde der Euro-Verfechter nach zu urteilen, sind die Perspektiven für die Europa-Moneten denkbar schlecht. Wenn man schon hört, daß etwas „ohne Alternative“ ist, sein Ausbleiben das „Verschenken aller Zukunftschancen“, dann muß dieses Etwas wohl bar aller positiven Aspekte sein. Pfeifen im Walde nennt man das. Bezeichnenderweise kommen die klarsten Analysen derzeit just von denen, die den Euro gar nicht mögen. Die nämlich vermuten, wohl nicht zu Unrecht, daß mit dem merkwürdigen neuen Münzlein in Europa wieder mal eine Festung geschaffen wird. Bis heute konnten etwa die meisten Drittweltstaaten noch einigermaßen von den unterschiedlichen Umtauschkursen profitieren, bekamen ordentliche Preise, indem sie von Land zu Land mit ihren Aufträgen hüpften. Herrscht in Europa mal die Einheitliche, wird es damit vorbei sein.
Nun ist es natürlich so, daß der Euro keineswegs eine Deutsche Mark mit anderem Namen wird. Der Euro wird schwächer sein als die Mark, aber viel stärker als die Drachme oder die Lira. Wer profitiert davon? Zum einen die deutsche Exportwirtschaft, denn eine schwächere Euro-Währung begünstigt die Ausfuhr, die Waren sind dann billiger. Umgekehrt verlieren die Italiener, die dann eine härtere Währung als ihre Lira verkraften müssen. Zweitens würden die Deutschen dann besser mit Billiganbietern Schritt halten können, was bisher mit der harten und hochgehandelten Mark nicht möglich war. Was umgekehrt bedeutet, daß just die ärmeren Länder, die ihre Billigangebote durch Massenverkauf attraktiv machten, in Schwierigkeiten geraten. Drittens werden sich gleichzeitig die Handelskriege vor allem zwischen Europa und Japan sowie Europa und den USA verschärfen, eben weil nun mehrere starke Staaten mit einer schwächeren Währung auf den Markt drängen.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Um ihre eigenen Produkte zu schützen, werden immer mehr Länder wieder auf Einfuhrbeschränkungen zurückgreifen müssen; die mächtigen USA tun dies ja heute bereits ohne irgendwelche Skrupel. Umgekehrt müssen die freihandelsorientierten Euro-Staaten dann Gegensanktionen verhängen, um die Beschränkungen der anderen entweder zu konterkarieren oder wegzuverhandeln. Alles keine rosigen Aussichten. Gabriela Domenico
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