: Keine reine Freude
■ Unziemliche Arroganz im Deutschen Seicherbund (DSB)
K O M M E N T A R Bettnässen ist „in“. Wer das vor zehn, vor hundert, ja noch vor tausend Jahren behauptet hätte, wäre als Phantast verlacht worden. Das Bettnässen hat sich als Breitensport und als Leistungssport einen festen Platz in der pluralistischen Gesellschaft gesichert. Es bietet allen eine Chance aufzusteigen und im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stehen.
Ungetrübte Freude also? Nein. Längst ist die Freude an unbeschwerten Leibesübungen dem nackten Geschäft gewichen, das auch saubere Sportler korrumpiert. Der Fall des Ernst Strahlemann, der eine pralle Schweinsblase mit ins Kampfbett nahm und deshalb für ein Jahr auf Lebenszeit gesperrt werden mußte, ist nur die Spitze eines am Faden des Damokles aufziehenden Steins der Unschuld, welchen gerade das Bettnässen einmal besaß.
Und noch eins: Ausgerechnet die Bettnässer, die selbst lange Zeit als „nicht ganz dicht“ verunglimpft, als „gelbe Gefahr“ verteufelt und deren Sport als „geschmacklos“ geschmäht wurde - ausgerechnet die Bettnässer sind arrogant geworden. In dem Dünkel, der in den Worten des DSB -Vorsitzenden Professor Norbert Gilb über die „schmutzigen Hosenscheißer“ zum Vorschein kam, tritt der Hochmut des etablierten feinen Pinkels gegenüber einer noch um ihre Anerkennung ringenden Minderheit zutage, die doch auch Menschen und Sportfreunde umfaßt.
Das Bettnässen ist geeignet, dem Menschen die unnatürliche Scheu vor der Kreatürlichkeit zu nehmen“, heißt es feierlich im Bundesstatut des DSB. Sollte das nicht auch und gerade für die Hosenscheißer gelten? Die Freunde des gelben Sports sollten sich dies zur Ehrenpflicht machen!
Peter Köhler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen