: Keine päpstliche Hilfe für polnische Flüchtlinge
■ Italiens Sammellager für Asylsuchende geschlossen
Aus Latina Werner Raith
Den Weg zu den einzelnen Unterbringungsplätzen weisen uralte „Skoda“– und „Wartburg“– Limousinen, daneben ein paar Busse; verteilt sind sie über die ganze Provinzhauptstadt Latina südlich von Rom: Asylsuchende aus Polen haben, nach Angaben der staatlichen Aufnahmelager, in den letzten Wochen „Italien geradezu überschwemmt“ - für die Bürokratie ein Grund, die offiziellen Sammellager schnellstens zu schließen und den Notstand auszurufen. Bereits Anfang August hatten Gruppen polnischer Bürger den üblichen Weg zur provisorischen Aufnahme versperrt gefunden; der „campo profughi“ in Latina war geschlossen. In ihrer Not lagerten die Exilanten auf den Stufen und der Ummauerung der Aufnahmelager und zogen dann vor die nahe Chiesa del– lAnnunziata. Stadtpfarrer Don Giuseppe, „eingedenk der Tachsache, daß die Leute aus dem Land des Papstes kommen“, . Mehr als 5.000 Gastrecht suchende Polen haben die Behörden seit Jahresbeginn gezählt, eine Vervierfachung gegenüber den Vorjahren, täglich kommen derzeit um die 100 Personen. Düster vermutet Il Mattino, Sprachrohr der regierenden Christdemokraten, „eine aus Warschau ferngelenkte Kampagne zum Loswerden von Arbeitslosen“, der neue Innenminister Amintore Fanfani ließ „eine Verschärfung der Einreisebestimmungen“ ankündigen, die Ausländerbehörden verschieben die Unbequemen mittlerweile in Mini–Camps im Bozener Gebiet und bei Neapel und warnen unentwegt, daß „ausschließlich eindeutig belegte politisch Verfolgte mit Asylgewährung rechnen können“. Ausgewiesen wurden die Zugereisten meist dennoch nicht: viele von ihnen fanden Einreiseerlaubnis in anderen Ländern wie Kanada oder den USA, und wo dies nicht gelang, boten hilfreiche Hände aus dem Vatikan Arbeit und damit Aufenthaltserlaubnis an. Doch damit soll es nun vorbei sein; ungewöhnlich brüsk sprach das Vatikan–Blatt Il Sabato „von einer Ausreise– Psychose“ der Flüchtlinge, von der „sich die Kirche distanziert“. Noch bei seinem Chile– Besuch vor wenigen Monaten hatte der Papst angesichts der Grausamkeiten der dortigen Diktatur ein ums andere Mal versichert: „In Polen ist alles viel schlimmer.“
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