: Keine Wende der USA
■ Die Unterstützung der Contra durch die USA geht weiter
Jim Wright, der von der Stahlhelmfraktion im Kongreß gerne als Kommunistenfreund angegriffene Präsident des Repräsentantenhauses, ist zufrieden. Für ihn bedeutet das „humanitäre“ Hilfspaket für die Contra eine historische Wende: das Ende der Interventionspolitik in Lateinamerika. Bewaffnete Interventionen sind heutzutage unpopulär. Doch Demokraten wie Republikaner maßen sich nach wie vor das Recht an, ausländische Regierungen auch mit der Androhung von Gewalt unter Druck zu setzen. So etwas gilt in Washington nicht als Interventionspolitik.
Die „humanitäre“ Hilfe für die Contra, das ist wie Kraftnahrung für den scharfen Kettenhund, der aber vorläufig nicht von der Leine gelassen wird. Wenn die Sandinisten nicht parieren, dann darf er wieder zubeißen. Das wirtschaftlich bankrotte Nicaragua kann nur dann die Armee reduzieren und alle Kräfte auf den Wiederaufbau konzentrieren, wenn der Frieden dauerhaft gesichert ist. Die Demobilisierung der Contras, so wie sie im Februar von den zentralamerikanischen Präsidenten beschlossen worden war, hätte dies ermöglicht. Die Drohung mit dem Damoklesschwert einer jederzeit aktivierbaren Streitmacht an der Grenze garantiert dafür, daß in Nicaragua die Verteidigung weiterhin oberste Priorität bleibt.
Wenn das Contra-Bündnis die Wahlen verliert, dann war der Urnengang halt nicht demokratisch genug, und es bleibt die Rückkehr zum bewaffneten Kampf. Wer entscheidet, ob Nicaragua demokratisch genug ist? Muß allen Forderungen der Opposition schon vor den Wahlen Genüge getan sein oder genügt es, wenn Daniel Ortega den von den fünf Präsidenten unterzeichneten Friedensplan als einziger voll erfüllt? Der vom US-Kongreß verabschiedete Entwurf gibt darüber keine Auskunft. Schon jetzt kann man prophezeien: Wahlen, die nicht die Opposition an die Macht bringen, werden den Standards des Weißen Hauses nicht genügen.
Ralf Leonhard
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