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Keine Rückzahlung der Auslandsschulden

■ Interview mit Teresa Barcana, Koordinatorin für das Programm „Ein Glas Milch“ in der Großregion Lima

Das Programm „Ein Glas Milch“ wurde 1984 von der Stadtregierung in Lima unter ihrem Bürgermeister Barrantes initiiert, die damals von der Izquierda Unida (Vereinigte Linke) gestellt wurde. Es gibt heute 7.500 eigenverantwortlich arbeitende Komitees in 33 Distrikten Limas. Die Komitees sorgten dafür, daß einmal am Tag Milch an die Kinder ausgegeben wurde.

taz: Welche Position hat die Koordinationsgruppe der Milchspeisungskomitees zur Frage der Auslandsschulden Perus?

Teresa Barcana: Zu dem Kongreß unserer Komitees im Großraum Lima haben wir folgende Beschlüsse gefaßt: Nein zur Rückzahlung der Auslandsschulden! Denn wir haben gesehen, daß unser tägliches Leben und unsere wirtschaftliche Situation davon betroffen sind. Das Geld, das zurückgezahlt werden muß, fehlt für die Kinder, die die Zukunft dieses Landes sind; fehlt für eine bessere Ernährung; für eine bessere Erziehung. Die Schulen haben nicht genügend Material für den Unterricht, und die Lehrer sind schlecht bezahlt.

Mit der Gesundheit ist es das Gleiche. Es gibt eine ganze Menge Ärzte, aber die Armen kommen nicht an Medikamente heran, und so müssen sie sterben. Sie haben keine Chance geheilt zu werden. Die Krankenhäuser sind für Notfälle ebenfalls unzureichend ausgerüstet. Täglich sind wir in eine Mühle des bloßen Überlebens eingespannt. Unser Land wird immer ärmer. Deswegen haben wir uns, ausgehend von unserer Alltagserfahrung, überlegt, daß sich die Situation Perus verbessern könnte, wenn eine Übereinkunft mit anderen Ländern zustande käme: zum Beispiel eine Erhöhung der Rohstoffpreise.

Gibt es eine koordinierte Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen oder arbeitet jede Nichtregierungsorganisation vor sich hin?

Im letzten Jahr hatten wir zum ersten Mal verschiedene Treffen mit allen Nichtregierungsorganisationen, die mit dem Milchspeisungskomitee zusammenarbeiten. Nun haben wir ja ein Abkommen mit UNICEF geschlossen, und UNICEF übernimmt den gesamten Bildungsbereich der Gesundheitsarbeit, der mit Frauen und Kindern durchgeführt werden soll.

Gibt es von seiten der Komitees oder der Koordination eigene Vorstellungen über eine Art „Nahrungsmittelpolitik“?

Als wir angefangen haben, uns zu organisieren, haben wir Schenkungen bekommen, vor allem von der EG. Das war alles Trockenmilch von der Europäischen Gemeinschaft (Überschußproduktion). Das meiste kam über Holland. Mit mehr Erfahrungen haben wir dann eingesehen, daß es wichtiger wäre, daß alle Organisationen an die Lebensmittel 'rankommen könnten und nicht wie beispielsweise bei PAP, dem staatlichen Hilfsprogramm, das nur für Mütterclubs ist. Aber richtiger wäre es, wenn die Schenkungen gleichmäßig über das Land verteilt und nicht zentralisiert würden. Die Lebensmittel müßten von den Volksküchen oder den anderen Gruppen auch wirklich zubereitet werden, so daß Kinder, aber auch Eltern, tätsächlich zu essen hätten. Was aber jetzt passiert, ist, daß man nicht so genau weiß, was mit den geschenkten Lebensmitteln eigentlich passiert, wenn sie einfach so verteilt werden. Wenn die Lebensmittel, im übrigen auch die von Caritas, direkt an die Volksküchen gingen, dann könnte das Essen an Ort und Stelle zubereitet werden. Dann würde mit diesen geschenkten Lebensmitteln wenigstens eine bessere Ernährung der Bevölkerung erreicht, eine bessere Enährung für alle, was bisher ja nicht der Fall ist. Und wenn wir vom Anbau sprechen, da gibt es sicher noch viele Möglichkeiten, Gärten zu initiieren, so daß wenigstens Gemüse oder Ähnliches angebaut werden kann. Vielleicht müßte man den Austausch von Produkten im Land auch selbst in die Hand nehmen, zum Beispiel Gemüse gegen Milch oder Ähnliches. Aber für uns hier ist im Grund am wichtigsten, daß die Frauen Arbeit bekommen.

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