Keine Proteste gegen Bundeswehr-Gelöbnis: Gelöbnix wird nix
Zentrale Proteste des Gelöbnix-Bündnisses gegen das Bundeswehr-Gelöbnis gibt es dieses Jahr nicht. Die Veranstaltung wird trotzdem von der Öffentlichkeit abgeschottet.
Ab Dienstagmittag wird der Platz vor dem Reichstagsgebäude wieder zum Sperrgebiet. Und mit ihm ein Areal vom nördlichen Spreeufer bis über die Straße des 17. Juni hinweg. Verantwortlich dafür zeichnet die Bundeswehr, die am Dienstagabend wie in den vergangenen Jahren vor dem Reichstagsgebäude Soldaten ihr Gelöbnis ablegen lässt. Doch im Unterschied zu den vergangenen Jahren ist diesmal keine Protestveranstaltung geplant.
Der Berliner Landesverband der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) äußert sich in einer Erklärung, warum er in diesem Jahr auf Proteste verzichten will: "Wir meinen, dass der Aufwand, den eine Mobilisierung mit sich brächte, nicht in einem vertretbaren Verhältnis zum zu erwartenden Resultat steht." So sei die "Mobilisierungsbereitschaft in der Szene eher mau". Unter anderem hätten die Auflagen in den vergangenen Jahren, die Kundgebungen nur weit ab vom Gelöbnis erlaubten, eine Teilnahme unattraktiv gemacht. Gelöbnis und Proteste würden in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend untergehen, Aufmerksamkeit gebe es eher für provokative Aktionen als für Demos. Auch aus anderen Initiativen, die sich sonst an den Protesten beteiligten, ist zu hören, dass in diesem Jahr nichts geplant ist.
Die DFG-VK zeigt sich selbstkritisch: "Woher das freundliche Desinteresse am Antimilitarismus, das wir bisweilen konstatieren, kommt, wäre eine tiefergehende Analyse wert, die auch nach Fehlern fragt, die aufseiten des Gelöbnix-Bündnisses gemacht wurden." Antimilitaristen sprechen von Konflikten verschiedener Gruppen innerhalb der Szene.
Sebastian Schlüsselburg, Mitglied im Landesvorstand der Linkspartei und aktiv gegen die Werbung von Bundeswehr an Schulen, hat Verständnis für die Aktivisten: "Manchmal braucht man eine Atempause, um zu überlegen, welche neuen Inhalte und Formen des Protests möglich sind." Es sei ein großer Erfolg der Proteste der vergangenen Jahre, dass das Gelöbnis praktisch nicht mehr sichtbar ist. "Auf keinen Fall haben wir es hier mit einer Schwächung der antimilitaristischen Sache zu tun."
2008 hielt die Bundeswehr das Gelöbnis erstmals vor dem Reichstag ab, zuvor fand es abgeschottet im Bendlerblock im Verteidigungsministerium statt. Noch in den 90er-Jahren suchte die Bundeswehr stärker die Öffentlichkeit, unter anderem vor dem Schloss Charlottenburg.
Dass es in diesem Jahr gar keinen Protest geben wird, glaubt Schlüsselburg allerdings nicht: "In der Vergangenheit gab es immer wieder überraschende Protestformen." Er erinnert zum Beispiel an das Jahr 2001, als sich zwei Aktivistinnen als Töchter des damaligen Verteidigungsministers Rudolf Scharping (SPD) ausgaben, sich nach ihrem Einlass an den Zaun ketteten und eine Sirene in Gang setzten. Auch aus Aktivistenkreisen ist zu hören, dass es dezentrale Proteste geben könnte. Nach Angaben einer Polizeisprecherin gibt es bislang allerdings keine Anmeldungen für Kundgebungen.
Trotzdem bereitet sich die Polizei auf Proteste vor. In der "Allgemeinverfügung" der Polizei, die die Absperrungen in Mitte und Tiergarten ermöglicht, heißt es: "Für den 20. Juli ist mit (…) Störungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu rechnen." In den letzten Jahren sei es Aktivisten oft gelungen, "dicht an das zu schützende Ereignis heranzukommen".
So sind die Kosten für den Polizeieinsatz mittlerweile höher als die für das Gelöbnis. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage aus der Bundestagsfraktion der Linkspartei beziffert die Bundesregierung die Kosten für die Bundeswehr, wie Tribüne, Busse und Empfang, auf 248.153 Euro. Die Kosten für die Berliner Polizei lagen dagegen im vergangenen Jahr bei 377.361 Euro. In diesem Jahr geht die Bundesregierung von einem "vergleichbaren Kostenansatz" aus.
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