piwik no script img

Keine Prognose für 2010DIW rät in der Krise zum Nichtstun

Die Wirtschaftsforscher erwarten für 2009 ein Minus von fünf Prozent, warnen aber vor weiteren Konjunkturpaketen - die Entwicklungen seien nicht abzusehen.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, wagt keine Prognose. Bild: dpa

BERLIN taz Die Wirtschaft in Deutschland wird 2009 voraussichtlich um rund fünf Prozent schrumpfen, aber gegen Ende langsamer als zu Beginn. 2010 wird es dann irgendwie besser. Aber wie genau, ist ungewiss. Jedenfalls trauen sich die Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung keine Prognose zu. Und auch der Politik raten sie abzuwarten - und bloß die Finger von weiteren Konjunkturprogrammen zu lassen. Das ist die Kurzfassung der "Frühjahrsgrundlinien 2009" des DIW, die dessen Präsident Klaus Zimmermann am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat.

Die Zurückhaltung der Berliner Forscher bei konkreten Schätzungen kommt nicht von ungefähr. In den letzten Monaten haben alle Konjunkturforscher ihre Prognosen nach unten revidiert. Oft mehrfach. Das DIW hatte im Dezember noch ein Wachstum erwartet, die Erwartungen im Januar aber auf minus 1,1 und im März auf minus 3 Prozent zurückgeschraubt. Mit der aktuellen Schätzung liegt das Institut nun im Rahmen dessen, was die Konkurrenz und auch die internationalen Institutionen erwarten. Jedenfalls für 2009.

Zu 2010 sagte Zimmermann nur: "Am ehesten ist von einer sehr schwachen und langsamen Erholung auszugehen." Dass das noch lange kein Spaß wird, machte der DIW-Konjunkturexperte Stefan Kooths deutlich: "Wir gehen davon aus, dass im Jahresverlauf 700.000 Stellen verloren gehen." Dabei hätten nicht nur viele Betriebe Kurzarbeit eingeführt, sondern noch viel mehr die Arbeitszeiten durch Abbau von Arbeitszeitkonten oder auch direkt reduziert. Durch diese betriebsinterne Arbeitslosigkeit würden 800.000 Entlassungen vermieden.

Was bedeutet das für die Politik? Was soll die Bundesregierung tun? Nach den Empfehlungen der DIW-Experten - nichts. Jedenfalls nichts, um die Konjunktur zusätzlich anzuregen. "Allein schon die Debatte über ein neues Konjunkturpaket ist schädlich", sagte Zimmermann. "Sie schafft nur neue Unsicherheiten." Zudem seien die Möglichkeiten begrenzt: Stimulieren könne man höchstens die Inlandsnachfrage. "Die ist aber gerade gar nicht unser Problem." Das DIW geht davon aus, dass der private Konsum leicht um 0,7 Prozent sinkt, der Export aber mit einem Minus von 12,9 Prozent dramatisch einbricht. Hier setzt Zimmermann vor allem auf die Selbstheilungskräfte des Marktes: Neben den bereits verabschiedeten Konjunkturprogrammen aller möglichen Länder nützten vor allem die niedrigen Rohstoffpreise und die sinkende Inflation der Wirtschaft bei der Erholung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • I
    IMistral

    Vielleicht sollte man auch erwähnen, dass es im Jahr 2004 einen Streit hinsichtlich der wirtschaftswissenschaftlichen Ausrichtung im DIW gab, bei dem der damalige Chef der Konjunkturabteilung Gustav Horn (heute beim IMK) sich mit dem Präsidenten ZImmermann überwarf und das Institut verlassen musste - da Horns keynesianische Wirtschaftsverständnis nicht ins Konzept Zimmermanns passte.

     

    Dazu meinte der damalige Vorsitzende des Sachverständigenrats Bernd Rürup: "Er würde es bedauern, wenn zukünftig in keinem Forschungsinstitut mehr eine nachfrageorientierte Position vertreten werde".

     

    Quelle:

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,304294,00.html

  • PS
    Peter Schwarzer

    Der Markt reguliert sich von alleine, alles klar...

    Die Agenten des Kapitals versuchen die tiefste Krise des gescheiterten kapitalistischen Systems schön zu reden.