: Keine Profite mit der Miete
Mit einer Aktionswoche gegen steigende Mieten, Verdrängung und Zwangsräumungen wollen stadtpolitische Gruppen und MieterInnen-Initiativen deutlich machen, dass die Stadt allen gehört. Ein bundesweites Bündnis soll den Druck auf die Politik erhöhen
■ Mieten-Demo
Samstag, 29. Juni, Start: 16 Uhr, Kottbusser Tor, eine Lärmdemo gegen hohe Mieten, Verdrängung und Zwangsräumungen
■ 1 Jahr Stille Straße
Samstag, 29. Juni, ab 11 Uhr, Sommerfest zum Jahrestag der Besetzung, Stille Straße 10 (Pankow)
■ Weitere Termine und Infos:
Gemeinsam mehr bewegen. Mit einer bundesweiten Aktionswoche wollen MieterInnen-Initiativen und stadtpolitische Gruppen ihr „Recht auf Stadt“ einfordern. Anstatt nur im eigenen Kiez zu agieren, wie bisher, wollen sich nun Initiativen aus mehreren Städten vernetzen, um gemeinsam gegen Mieterhöhung und Privatisierung von Wohnraum zu kämpfen. Bereits im November letzten Jahres gab es mit drei gleichzeitigen Demonstrationen in Berlin, Hamburg und Freiburg, einen ersten Versuch, das Thema auf die Bundesebene zu heben. Mehrere tausend Menschen beteiligten sich an den Mieterprotesten.
Seit Anfang des Jahres gibt es mit „Keine Profite mit der Miete“ das erste bundesweite Bündnis. Mit einer gemeinsamen Kampagne in mehreren Städten hoffen die OrganisatorInnen mehr Öffentlichkeit für die Mietenproblematik herzustellen und so zugleich den Druck auf die Politik zu erhöhen. Für diese Woche hat das Bündnis zu Aktionstagen gegen Mieterhöhung, Spekulation, Wohneigentum und Verdrängung aufgerufen. Noch bis Samstag, den 29. Juni finden zahlreiche Aktionen, Vorträge und Diskussionen statt. Es beteiligen sich Gruppen und Initiativen aus folgenden Städten: Berlin, Potsdam, Düsseldorf, Köln, Frankfurt und Hamburg. „Das ist ein guter Start für eine bundesweite Bewegung“, sagt Enrico von der Berliner Initiative „Wir bleiben alle“ (WBA), die sich an der Organisation der Aktionstage beteiligt.
Der Schwerpunkt der Aktionstage liegt in Berlin. Hier gibt es ein vielseitiges Programm: Am Donnerstag, den 27. Juni, laden zum Beispiel die MieterInnen des denkmalgeschützten Häuserkomplexes in der Frankfurter Allee, den sogenannten Stalinbauten, zu einem MieterInnen-Fest nach Friedrichshain ein. Los geht’s um 17 Uhr. Neben Lesungen und einer Filmvorführung über Häuserkämpfe wollen sie auf die Sanierung ihrer Häuser aufmerksam machen und auf den Protest dagegen. Am Freitag, den 28. Juni, organisiert das MieterInnenbündnis „Wem gehört Kreuzberg“ eine Videokundgebung auf dem Hohenstaufenplatz in Kreuzberg. Das Thema hier ist der Widerstand gegen Mieterhöhungen und die damit einhergehende Verdrängung im Chamisso-, Großbeeren-, und dem Graefekiez.
Die Höhepunkte der Aktionswoche sind dann am Samstag: Ab 11 Uhr laden die AktivistInnen des SeniorInnentreffs „Stille Straße 10“ anlässlich des 1. Jahrestags der Besetzung zu einem Jubiläums-Sommerfest. Mit ihrer Besetzungsaktion konnten die SeniorInnen letztes Jahr verhindern, dass ihr Treff geschlossen wurde. Mit dem Sommerfest soll der erfolgreiche Kampf nun gefeiert werden, mit Musik und der Eröffnung einer Ausstellung. Um 16 Uhr ruft dann das Bündnis „Solidarische Stadt“ zu einer Lärmdemo ab Kottbusser Tor auf. Das Bündnis ist ein Zusammenschluss aus MieterInnen- Initiativen, Parteien, Gewerkschaften und linken Gruppen.
„Die bundesweite Koordination ist eine logische Folge aus den bisherigen Protesten“, sagt Jörg von der Berliner AnwohnerInnen-Initiative „Wem gehört Kreuzberg“. Genauer meint er damit, dass es nach der lokalen Protestwelle gelte, den Protest auf die Bundesebene zu befördern, um eine breitere Öffentlichkeit für die eigenen Positionen und Forderungen anzusprechen und verstärkt Druck auf die Bundespolitik auszuüben. Nur so könne man etwas erreichen. Die bisherigen Proteste seien zwar insofern erfolgreich gewesen, dass das Thema Mieten nun im Zentrum der politischen Debatten angekommen sei, dennoch habe sich seither die Situation kaum verbessert.
Ähnlich sieht es Enrico von der WBA-Kampagne. Eine bundesweite Vernetzung und die Zusammenarbeit mit der Politik sei aber nur eine Option. So macht sich die WBA-Kampagne für eine Radikalisierung des Protests stark, die darauf abzielt, direkt zu intervenieren oder zu stören. „Der Protest gegen die Zwangsräumungen hat gezeigt, dass man der Verdrängung von MieterInnen auch mit einer militanten Haltung begegnen kann“, erklärt Enrico. In Berlin wurde in den vergangenen Monaten immer wieder mit Sitzblockaden gegen Räumungen protestiert, wodurch diese verzögert wurden.
Mit den Aktionstagen soll nun ein weiterer Schritt zu einer bundesweit vernetzten MieterInnenbewegung getan werden. In den verschiedenen Städten will man zusammentragen, was dort an Protesten läuft und ein Erfahrungsaustausch einleiten. Ziel ist, eine gemeinsame politische Praxis zu erarbeiten. Perspektivisch soll eine bundesweite Plattform entstehen, um eine kontinuierliche Zusammenarbeit zu ermöglichen. „Es ist an der Zeit, sich zusammen zu schließen. Wir müssen zeigen, dass wir viele sind“, sagt Jörg. An klaren Forderungen mangelt es zumindest nicht, so sollen zum Beispiel Mietsteigerungen begrenzt und an die Lohn- und Rentensteigerung gekoppelt werden.
LUKAS DUBRO