■ Medienrummel um ein Schweizer Frauenfußballteam
: Keine Lesben auf dem Fußballfeld!

Basel (taz) – Das Leben der Schweizer Lesbe an sich ist einigermaßen unspektakulär. Und daß ausgerechnet sieben besonders wackere Eidgenossen, Hobbyfußballer noch dazu, der Schweizer Lesbenbewegung zu einem Coming-out im großen Stil verhelfen würden, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Der bislang eher im Stillen arbeitenden Lesbenorganisation Schweiz (LOS) wurde damit eine noch nie dagewesene Medienpräsenz beschert.

Doch zurück zum Tatort, dem „Mooshüttli“. Eines Tages wurde hier, im Vereinslokal des Fußballclubs Wettswil-Bonnstetten, per Aushang die Auflösung des Frauenteams bekanntgegeben. Und das mitten in der Qualifikation für den Aufstieg! Die Begründung des Vorstands: „Der Verein wird ausgenützt für das Ausleben von abnormaler Veranlagung (lesbisch).“ Das Schweizer Boulevardblatt Blick reagierte sofort mit einer Schlagzeile: „Sex-Skandal im Fußballklub: zu viele Lesben – Spitzenteam wurde aufgelöst.“ Der Diskriminierungsskanal verwandelte sich also flugs in einen „Sex-Skandal“! Das konnten die in der LOS organisierten Lesben natürlich nicht auf sich beruhen lassen. Während sich sogar schon internationale TV-Teams auf die Reise ins zürcherische Wetzwil-Bonstetten machten, verfaßten LOS-Frauen eine Protestnote, die in den wichtigsten Zeitungen abgedruckt wurde. So etwas gab es in der Schweiz noch nie! Barbara Brosi, Pressesprecherin der LOS, wurde sogar zu einigen TV- und Radioauftritten geladen.

Die Spielerinnen des Teams wollen sich nämlich mitnichten in Lesben und Nichtlesben auseinanderdividieren lassen. Sie vertreten vielmehr die These, daß der Altherrenriege der Frauenfußball an sich ein Dorn im Auge sei. Eine Annahme, die dann in einer TV- Debatte bestätigt wurde, nämlich als sich ein ehemaliger Präsident des FC über die Ästhetik des Männerfußballs ausließ. Für ihn ist klar wie Kloßbrühe: Die Bestimmung der Sportlerin liegt im Eiskunstlaufen und der Gymnastik. Ferner erwähnte er noch etwas über „verschwitzte Juniorinnen“, die er „selbst beobachtet“ habe (sic!). Die Mädchen hätten außerdem wohl „ihre guten Gründe“ gehabt, die clubeigene Dusche zu verschmähen...

Ob soviel wildwuchernder Männerphantasien wurde es sogar dem behäbigen TV-Moderator Ueli Heiniger zu bunt. Er bat daraufhin Barbara Brosi zu einem ausführlichen „Sonntags-Interview“. Dort konnte sie schließlich die wichtigsten Basics über Lesben vermitteln. Ob damit nun auch in der Schweiz der Boden für eine allgemeine Akzeptanz der lesbischen Lebensart geebnet ist? Katrin Küchler