Keine Kürzungen, aber weniger Erhöhungen: Bundesregierung garantiert Renten
Selbst wenn die Löhne sinken, die Renten bleiben stabil. Doch die jetzt verhinderte Kürzung will die Bundesregierung mit künftigen Erhöhungen verrechnen.
So schnell hat die Bundesregierung selten auf eine Zeitungsmeldung reagiert: Das Handelsblatt veröffentlichte vor einer Wochen alarmierende Zahlen. Wegen der Krise, so lautete die Prognose, würden 2009 die Löhne und folglich 2010 die Renten sinken. Die Regierung dementierte die Zahlen eilig. Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) schlug Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, sofort per Gesetz nominale Rentenkürzungen auszuschließen. Also auch für den Fall, dass die an die Löhne gekoppelten Renten sinken sollten. Das sei, so Scholz, nötig, um Unruhe zu vermeiden. Merkel stimmte zu.
Gerade die Union kann es sich nicht leisten, die Rentner, eine Kernklientel, gegen sich aufzubringen. In der Union murrten zwar einige, CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer etwa sprach von "Panikmache ohne realen Grund", weil gar nicht klar sei, ob die Löhne 2009 wirklich sinken würden. Doch Widerstand kam auch von der CSU nicht. Am Mittwoch stimmte das Kabinett Scholz Gesetzesänderung zu, die noch vor der Bundestagswahl in Kraft treten wird. Rentenkürzungen sind somit bald per Gesetz ausgeschlossen.
Das klingt für Rentner zu schön, um wahr zu sein - und ist keineswegs die ganze Wahrheit. Denn ausgeschlossen werden nur nominale Rentenkürzungen. Real, also inflationsbereinigt, werden die Renten in den nächsten Jahren sehr wohl sinken - wie schon zwischen 2003 und 2008, als die Kaufkraft der Rentner um 8,5 Prozent abnahm.
Die erweiterte Schutzklausel im Rentengesetz wird dafür sorgen, dass selbst für den Fall, dass die Löhne 2009 nominal sinken, es bei den Renten 2010 keine Kürzung, sondern eine Nullrunde geben wird. Ein Minus bei den Löhnen von 0,5 Prozent, so der Plan, wird mit künftigen Steigerungen bei der Rente verrechnet werden. Wenn also die Löhne 2010 um 1,5 Prozent wachsen, würden die Renten nur um 1 Prozent steigen. Eine Kürzung in Zeitlupe gewissermaßen.
Wegen dieses Mechanismus und der in die Rentenformel eingebauten Dämpfungsfaktoren wird es bei der zu erwartenden bescheidenen Lohnentwicklung für die Rentner künftig wohl viele Nullrunden geben. Genau das prognostizieren Rentenexperten - und dies befürchten der Sozialverband VdK und die Linkspartei. Der Sozialverband Deutschland fordert daher, dass das Verfahren, Kürzungen mit künftigen Steigerungen zu verrechnen, abgeschafft wird. Dafür gibt es allerdings keine politischen Mehrheiten.
Scholz beteuerte am Mittwoch, dass die Gesetzesänderung das Rentensystem nicht belasten werde. Der Rentenbeitragssatz werde bis 2020 wie geplant nicht über 19,9 Prozent steigen. Dem Vorwurf, angesichts der Bundestagswahl populistische Geschenke zu machen, widersprach Scholz: "Ich hätte dieses Gesetz auch gemacht, wenn die Wahlen in dreieinhalb Jahren wären."
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