Keine Gnade in Den Haag: 25 Jahre Haft für Ex-Kindersoldat
Der Internationale Strafgerichtshof verurteilt den Ugander Dominic Ongwen zu einer langen Gefängnisstrafe. Er war einst Kommandant der LRA-Rebellen.

Ongwen war bereits im Februar für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in 61 Fällen schuldig gesprochen worden – darunter Mord, Verstümmelungen, sexuelle Gewalt und der Einsatz von Kindersoldaten. Nun wurde noch das Strafmaß festgelegt.
Als mildernden Umstand bewertete das Gericht, dass Ongwen nicht nur Täter, sondern auch Opfer der LRA war. Er war als Neunjähriger auf dem Weg zur Schule verschleppt und als Kindersoldat eingesetzt worden. Er habe in den ersten Jahren sehr gelitten, sagte der Vorsitzende Richter Betram Schmitt aus Deutschland. „Das rechtfertigte aber nicht die entsetzlichen Verbrechen, die er bewusst als Erwachsener begangen hatte.“
Menschen wurden demnach bei lebendigem Leibe in Häuser eingesperrt und verbrannt, Mädchen und Frauen als Sex-Sklavinnen missbraucht, Kinder zum Töten und Foltern gezwungen. Ongwen war auch für vier Angriffe auf Flüchtlingslager von 2002 bis 2004 verantwortlich.
„Unermessliches Leid“
Ohne die mildernden Umstände hätte die Strafe lebenslang geheißen; das hatten Vertreter von LRA-Opfern verlangt. Sie fällt trotzdem höher aus als die Forderung der Anklage zu 20 Jahren Haft. Die Verteidigung hatte auf zehn Jahre Haft plädiert. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.
Die LRA war über Jahrzehnte eine der mörderischsten Milizen in Uganda und angrenzenden Staaten. Ongwen war einer der Stellvertreter des berüchtigten LRA-Chefs Joseph Kony, der noch immer flüchtig ist. Er hatte sich Anfang 2015 ergeben, die Vorwürfe gegen sich aber als unwahr zurückgewiesen.
Richter Schmitt sagte, das Gericht habe vor einer einzigartigen Situation gestanden. „Es ist mit einem Täter konfrontiert, der seinen Opfern vorsätzlich unermessliches Leid zugefügt hat“, sagte Schmitt. „Es steht aber auch einem Täter gegenüber, der zuvor selbst extremes Leid durch die Gruppe erlitten hatte, deren prominentes Mitglied und Führer er später wurde.“ Der Angeklagte hätte ab einem bestimmten Zeitpunkt fliehen können. Er sei nicht immer vollständig an die Befehle von LRA-Chef Joseph Kony gebunden gewesen, sondern habe Verbrechen aus eigenen Antrieb begangen.
Ongwen trug während der Verkündung des Strafmaßes Gesichtsmaske und Kopfhörer und zeigte keine Regung.
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