Keine Gleichstellung für Vorstandsposten: Frauensenator hält zu Männern
Eigentlich will der Senat mehr Frauen in Spitzenpositionen der landeseigenen Unternehmen. Doch wenn es um die Besetzung von Vorstandsposten geht, soll das Gleichstellungsgesetz nicht gelten.
Der Senat will auch in Zukunft Vorstandsposten in den landeseigenen Unternehmen besetzen, ohne sich dabei an das Landesgleichstellungsgesetz zu halten. Jens-Peter Heuer, der Staatssekretär von Frauensenator Harald Wolf (Linke), erläuterte am Montag im zuständigen Ausschuss des Abgeordnetenhauses, dass die Vorstandsposten vergleichbar mit den Posten der Staatssekretäre seien - und für die würden die Frauenförderungsvorschriften ja auch nicht gelten.
Anlass für die Debatte: Im vergangenen Jahr hatte die BVG einen neuen Finanzvorstand gesucht. Der Aufsichtsrat des landeseigenen Unternehmens hatte den Posten mit Henrik Falk besetzt, der dort zuvor den Bereich Gremien und Recht geleitet hatte. Da der Vorstand der BVG ausschließlich aus Männern besteht, hätte die Stelle eigentlich ausgeschrieben und gezielt nach einer Frau gesucht werden müssen - wenn denn die Vorschriften des Landesgleichstellungsgesetzes auch für Vorstandsposten gelten würden. Doch genau das bestreitet die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen. Nach ihrer Ansicht gilt das Gesetz nur für die Management-Ebene, aber nicht für den Vorstand.
Für dieses Vorgehen hagelte es am Montag auch von Seiten der Koalition Kritik. "Politisch finde ich das einen Skandal", sagte Evrim Baba, Frauenpolitikerin der Linksfraktion. Gerade bei den Unternehmen, die dem Land gehören, "müssen wir darauf achten, mit gutem Beispiel voranzugehen". Auch die Grünen-Abgeordnete Anja Kofbinger attestierte dem Senat eine "Umsetzungsschwäche". Es sei "wichtig, dass die gesellschaftliche Forderung - die Hälfte der Welt gehört den Frauen - endlich umgesetzt wird". Es sei peinlich, mit welchen Argumenten der Senat versuche, sich aus der Verantwortung zu stehlen.
Staatssekretär Heuer sagte zudem, es sei "wenig erfolgversprechend", über eine Ausschreibung eine geeignete Frau für den Posten des Finanzvorstandes zu finden: "Da teilen wir die kritischen Anmerkungen, die dazu gemacht worden sind."
Margit Görsch, Frauenpolitikerin der CDU-Fraktion, hält davon nichts: "Die Aussage, es gebe keine geeigneten Frauen, ist diskriminierend und frauenfeindlich." Bei einer Anhörung von Sachverständigen wies auch die Personalberaterin Sybille Uken dies zurück. Man könne durch die Ausschreibung von Stellen durchaus geeignete Frauen auch für Vorstandspositionen finden: "Wer etwas anderes behauptet, erklärt seine persönliche Meinung zur Realität." In der freien Wirtschaft würden Vorstandsposten oftmals offen ausgeschrieben und so auch Frauen gefunden. Es sei unlauter, eine Ausschreibung mit dem Argument zu verweigern, sie werde voraussichtlich ohnehin nicht erfolgreich sein: "Da hört man das Echo, bevor überhaupt gerufen wurde."
In den Aufsichtsräten der landeseigenen Unternehmen hat die rot-rote Koalition dagegen den Frauenanteil deutlich erhöht. Im Jahr 2004 waren noch 16 Prozent der vom Land entsandten Aufsichtsratsmitglieder weiblich. Seither stieg die Quote Jahr für Jahr, inzwischen liegt sie bei 38 Prozent. "Wir haben eine Vorbildfunktion, und die haben wir hier sehr gezielt wahrgenommen", sagte Sarrazins Staatssekretärin Iris Spranger. Sobald ein Aufsichtsratsposten frei werde, werde er nach Möglichkeit gezielt mit einer Frau besetzt.
Die Linken-Abgeordnete Baba plant jetzt zusammen mit der SPD eine Bundesratsinitiative: Private Unternehmen sollen verpflichtet werden, ihre Vorstände, Managerposten und Aufsichtsräte zu 50 Prozent mit Frauen zu besetzen. Baba: "Wir wollen gesellschaftliche Macht gleichmäßig zwischen Männern und Frauen verteilen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen