: Keine Fixerräume für Bremer Junkies
■ Fixerstuben sind mit der Großen Koalition in weite Ferne gerückt / Doch was andere Städte haben, muß für Bremen nicht zwangsläufig auch sinnvoll sein
Was in Frankfurt am Main, in Hamburg und seit kurzem auch in Hannover kein Problem ist, gilt in Bremen immer noch als strafbar: Das Einrichten von Gesundheitsräumen, in denen Junkies sich unter medizinischer Aufsicht und hygienischen Bedingungen einen Druck setzen können. Wer Fixerräume betreibt, verstößt laut Bremer Staatsanwaltschaft klar gegen das Betäubungsmittelgesetz – heißt es jetzt in einer aktuellen Antwort des Bremer Senats auf eine Anfrage der AfB-Bürgerschaftsfraktion.
Wie der Bremer Senat zu „Fixerstuben für Drogenabhängige“steht, hatte die AfB wissen wollen. Um die Antwort sei dann zwischen Gesundheitssenatorin Tine Wischer (SPD), Innensenator Borttscheller (CDU) sowie den zuständigen Staatsräten „heftig gefeilscht“worden, berichtet der Bremer Drogenbeauftragte Ingo Michels. „Knallhart“sei die Linie des Innenressorts gewesen. Das klare Statement der Bremer Staatsanwaltschaft gegen Gesundheitsräume hätte ihn „dann doch überrascht“.
Denn in anderen Städten sind Gesundheitsräume trotz Betäubungsmittelgesetz machbar. So argumentierten die Staatsanwälte in Frankfurt und Hannover sowie das Hamburger Justizressort folgendermaßen: Gesundheitsräume verleiten nicht zum Drogenkonsum – das wäre nämlich laut Betäubungsmittelgesetz das „Verschaffen einer Gelegenheit“und somit strafbar. Die Räume sollen vor allem Schwerstabhängigen Ausstiegsperspektiven vermitteln sowie weitere Verelendung und Todesfälle verhindern. Der schnelle Druck auf der Straße könne so vermieden werden. Das Risiko von HIV- oder Hepatitis-Infektionen würde sinken.
„Wir dürfen uns nichts vormachen, in Zeiten der Großen Koalition sind solche Räume politisch nicht durchzusetzen“, sagt dazu der Drogenbeauftragte Ingo Michels. So steht in der Antwort des Senats, daß „Fixerstuben eher suchtverfestigend wirken“. Und weiter heißt es, „daß damit rechtsfreie Räume geschaffen werden, in denen die Polizei nicht verfolgen darf, was sie außerhalb dieser Räume verfolgen soll.“
Klares „ideologisches Schwarzweiß-Denken“sei das für ihn, so der Drogenbeauftragte. Das mit dem Recht sei eben Auslegungssache – und „das mit der Suchtverfestigung stimmt so auch gar nicht“, sagt Michels. Die Erfahrungen mit den „Fixerstübchen“in der Schweiz hätten dies nicht „bestätigen können.“Ohne den Innensenator würde das Gesundheitsressort „die Vor- und Nachteile sowie Kosten und Nutzen der Gesundheitsräume sicher mal abwägen“, meint er. Und „abwägen“heißt für ihn auch, die Besonderheiten der Bremer Drogenszene zu beachten.
So gibt es in Bremen rund 3.000 Junkies. Knapp 1.000 Drogenabhängige werden außerdem mit der Ersatzdroge Methadon substitutiert. „Durch die hohe Substitutionsrate sind bei uns nicht so viele auf der Straße“, sagt er. Die offene Drogenszene sei nicht mehr so stark auf Brennpunkte konzentriert wie in anderen Städten. „Bei uns gibt es natürlich auch öffentliche Druckplätze, von denen die Polizei weiß“, sagt er. Doch die Polizisten würden da nicht gleich an der Ecke stehen. Und die „total verelendete Szene“, für die ein Druckbus gut wäre, sei in Bremen „auch nicht so besonders groß“. Sein Fazit: Das Entzerren der Szene im Viertel durch Auslagern von Angeboten in die Stadtteile habe „schon viel gebracht“– wie auch das Ausweiten der Wohnangebote.
Das sieht die grüne Sozialpolitikerin Karoline Linnert genauso. Doch sie wird deutlicher: Man müsse auf Wohnungen für Junkies setzen statt auf Druckräume: „Dort drücken sie womöglich größere Mengen, weil Hilfe da ist.“Ihr Fazit: Gesundheitsräume dürfen nicht strafbar sein, denn sie könnten für Städte mit konzentrierten Szenen gut sein. Aber nicht unbedingt für Bremen. kat
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen