Keine Experimente beim Bier

■ Andy Bauschs Zingler-Verfilmung „Ex und hopp“, ZDF, 19.30 Uhr

Peter Zingler hat wieder einmal zugeschlagen. Der Berufseinbrecher war Knacki aus Überzeugung, der noch aus dem Knast heraus mit einem Drehbuch für Gunter Stracks Ein Fall für Zwei den Sprung vom Bruch zum Buch geschafft hat. Jetzt sitzt er in Spanien und schreibt seine kriminalistische Vergangenhheit in Tatort-Drehbüchern nieder. Eine nicht unironische Art der Resozialisierung.

Die Fernsehkrimis des selbsternannten Sachverständigen in puncto Kriminalität sind durchwachsen. Interessanter sind Zingers Filmvorlagen, wenn er vergessene Schmuddelthemen aus der Zeit des Wirtschaftswachstums bearbeitet.

Ex und hopp basiert auf einer Kurzgeschichte, in der Zingler seine Erlebnisse als „Bierdrücker“ niederschrieb. Mit diesem Vertreterjob war bis in die späten sechziger Jahre hinein, als es noch keine Getränke- Abhollager gab, eine Menge nicht immer sauberes Geld zu verdienen. Gerade in ländlichen Gegenden gab es viele Kleinverdiener, die sich durch den Getränkeverkauf ein Nebeneinkommen verschaffen wollten und ungelesen jeden Vertrag unterschrieben, sofern ihnen der Vertreter nur das Blaue vom Himmel versprach.

Markus Keller (Manfred Zapatka) ist Chef einer solchen durch die Lande ziehenden Drückerkolonne. Streng kommandiert er eine kleine Gruppe von gestrandeten und verkrachten Existenzen. Kellers zwielichtiger Freund Heinrich Hartholz (Mario Adorf) hat sich mit Ellbogenfreiheit beim maroden Familienunternehmen „Rinke-Bräu“ als Manager etabliert und erläutert seinen Plan.

Mit Kellers Kolonne will er die Bierverlage im weiteren Umkreis reihenweise in den Ruin treiben, indem er ihnen „faule“ Kundschaft verschafft, die zwar kurzfristigen Aufschwung, jedoch keine Konjunktur bringen. Durch verlockende Investitionen werden die Bierverlage geködert, vertraglich geknebelt und machen erwartungsgemäß nach kurzer Zeit pleite. Wegen der riesigen Außenstände fällt in der Folge deren Grundbesitz nach und nach an den Monopolisten Hartholz. Die Falle ist zugeschnappt. Pleite-Leichen pflastern seinen Weg.

Mario Adorf mimt diesen „Bierhai“ mit der Attitüde eines Feudalherrschers, der seiner Sekretärin (Désirée Nosbusch) unter den Rock langt, um nachzufühlen, ob sie ein Höschen anhat. „Heute gehört uns Deutschland“ murmelnd, steht Hartholz vor der fähnchenbespickten Deutschlandkarte und blickt versonnen auf die „Zone“... Der genüßliche Zynismus gipfelt im Schlußbild, das Hartholz als Bierbaron auf einem wandgroßen Plakat mit dem Adenauer-Slogan zeigt: „Keine Experimente — auch nicht beim Bier“.

Ohne cineastische Klimmzüge, dafür aber mit einer Fülle witziger Randbeobachtungen und visuellen Erfindungen zeichnet Regisseur Andy Bausch (A Wopbopaloobop A Lobbambom) ein unprätentiöses, zwingendes Zeitbild vom sozialen Marktfeudalismus. Gedreht wurde in Luxemburg, wo man von der Architektur her ähnliche Verhältnisse wie in den neuen Bundesländern vorfand. Manfred Riepe