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Keine Erosion der Jobwelt

SPD-Bericht: Mehr Leute in Teilzeit, Betriebswechsel sind aber nicht häufiger geworden. Streit um Überstundenabbau vor Gesprächen zum „Bündnis für Arbeit“

BERLIN taz ■ Im Vorfeld der Gespräche zu einem „Bündnis für Arbeit“ am kommenden Sonntag haben sich Experten gegensätzlich dazu geäußert, ob ein Überstundenabbau neue Jobs bringen würde. „Es wäre naiv zu glauben, dass der Abbau von Überstunden im Verhältnis von 1:1 in zusätzliche Einstellungen umgerechnet werden kann“, sagte der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard zur Berliner Morgenpost. Zum Abbau der Arbeitslosigkeit hätten eher die „moderaten Tarifabschlüsse des Jahres 2000“ beigetragen.

Dagegen hält Ottmar Schreiner, Vorsitzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, eine gesetzliche Einschränkung der Mehrarbeit für unumgänglich, falls die Arbeitgeber im „Bündnis für Arbeit“ nicht freiwillig einen generellen Freizeitausgleich für Überstunden zugestehen.

Schreiner stellte gestern in seiner Funktion als Leiter der SPD-Projektgruppe „Zukunft der Arbeit“ deren Abschlussbericht vor. Der Projektbericht räumt auf mit dem Vorurteil von Erosion oder Ende des Normalarbeitsverhältnisses.

Zwar haben in Westdeutschland 1999 rund zwei Millionen beziehungsweise 17 Prozent weniger Menschen als abhängig Beschäftigte in so genannten Normalarbeitsverhältnissen gearbeitet als 1976. Doch erkläre sich diese „abnehmende Tendenz lediglich aus der engen Definition“ des Normalarbeitsverhältnisses, so der Bericht. Würde die sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung der Normalarbeit zugerechnet, so wäre in den letzten Jahren eine steigende Tendenz festzustellen.

Auch die angebliche Notwendigkeit eines häufigen Arbeitsplatzwechsels sei nicht belegbar. Ganz im Gegenteil sei in den letzten Jahren in Deutschland wie in den anderen EU-Ländern die durchschnittliche Dauer der Betriebszugehörigkeit nicht gesunken, sondern leicht gestiegen.

Trotz des Rückgangs des Arbeitsvolumens, also der insgesamt in Deutschland geleisteten Arbeitsstunden, habe sich die Zahl der Erwerbstätigen nicht vermindert, sondern habe zugenommen. In Westdeutschland „ist sie heute deutlich höher als in der Zeit der Vollbeschäftigung“ in den 60er-Jahren. Dies sei möglich durch Arbeitszeitverkürzung und Ausbreitung von Teilzeitarbeit. Die Zahl der Arbeitslosen sei heute höher als in den 70er-Jahren, weil sich mehr Menschen, vor allem Frauen, an der Erwerbstätigkeit beteiligen wollen, so der Bericht.

Die Verfasser des Berichts, 28 Experten aus SPD, Regierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften, weisen auch auf die Zeit nach der Krise hin: Spätestens in zwanzig Jahren werde es nicht mehr genügend heimische Arbeitskräfte geben. SEBASTIAN FISCHER

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