: Keine Ent–Schuldigung
Es geht nicht um die letzte Seite. Nicht mehr. Es geht nicht unbedingt um Pornographie. Es geht auch eigentlich nicht um das Rollen der Köpfe von irgendwelchen verantwortlichen Redakteuren, nicht einmal darum, ob es nicht wünschenswert wäre, alle Redaktionsposten mit Frauen zu besetzen (es ist wünschenswert!) Es geht um mehr. Es geht um unsere Strukturen, unser Verhalten Frauen gegenüber. Wir linke Männer halten uns ja für dermaßen fortschrittlich. Wir würden doch niemals frauenfeindliche Äußerungen ablassen, und wenn, dann nur so zum Spaß. Wir würden doch niemals eine Frau vergewaltigen, mit meiner Freundin ist das was anderes. Wir sind doch keine Machos, außerdem stehn die Frauen son bißchen ja doch drauf. Wir haben ja doch ein emanzipatorisches Bewußtsein, außerdem bauen die Frauen auch ganz schön viel Mist. Wir doch nicht. Und gerade doch wir! - Unsere Scheiße läuft nämlich ungemein subtiler ab. Wir versuchen ja die Frauen zu verstehen, aber bitte schön in für uns logisch nachvollziehbaren Strukturen. Wenn uns das nicht gelingt, also wenn wir unfähig sind, ein bestimmtes Gefühl nachzuvollziehen - in diesem Fall das des Verletztseins und der Wut - dann verlangen wir Argumente. Wenn sie nicht kommen (weil die Frauen es mittlerweile müde sind, uns das Bewußtsein für tausendjährige Unterdrückung beizubringen) dann können wir die Frauen ja nicht ernst nehmen. Mit Gefühlen kann mann ja nicht diskutieren. Anstatt endlich einmal unsere „logischen“ Denkweisen, die wir als absolut ansehen (Logik = Mathematik), kritisch zu überprüfen; selbst dann, wenn wir etwas nicht nachvollziehen können, es zumindest vorbehaltlos zu akzeptieren und zu versuchen, damit umzugehen. Zum Beispiel, daß wir uns beim Pissen hinsetzen, obwohl wir der festen Überzeugung sind, unwahrscheinlich zielgenau zu sein. Wir sind es nicht! Es spritzt tatsächlich! Oder daß wir die die Straßenseite wechseln, wenn nachts vor uns eine Frau geht, denn zunächst sind wir für sie nicht der nette XY, den doch alle Frauen in der taz so toll finden; wir sind erst einmal Typ oder Mann, also ein potentieller schmieriger Anmacher oder Vergewaltiger. Wer hier grinsen muß, hat absolut nichts begriffen. Dieses Thema ist nicht Sache der Frauen. Das genau ist unser Thema und wir müssen lernen, offensiv mit unserer täglichen Scheiße umzugehen. O Sigi, dein Wort in ihr Ohr, aber bei manchen reichts zum Hören nur noch für ihr eigenes Gegreine, d.sin Wir „linken“ Männer sind absolut nicht so fortschrittlich, wie wir selbstgerecht annehmen, wir sind nicht einmal am Anfang. Der schlagendste Beweis dafür ist diese Diskussion innerhalb der taz. Sigi Mattheis (Layouter der Letzten Seite)
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