Keine Einigung beim Rauchverbot: Beim Rauchen nur knuspern
Ausnahmen begrenzen, Totalverbot vergessen - diese Strategie der SPD-Gesundheitsminister zeichnet sich nach einem Treffen in Berlin ab.
BERLIN taz Gastro-Rauchverbot mit Ausnahmen, aber in möglichst engen Grenzen: Diese Strategie der SPD-Qualmgegner zeichnet sich nach einem Gesundheitsministertreffen in Berlin ab. Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Gitta Trauernicht, zurzeit Chefin der Gesundheitsministerkonferenz, plädierte nach dem Treffen für eine Vorschrift, die die Zahl der Raucherkneipen möglichst gering halten würde: 75 Quadratmeter Gastfläche inklusive Thekenbereich, bloß "Knusperzeug" im Angebot, Zutritt nur für Erwachsene. Sogar die abgetrennten Raucherzimmer von Gaststätten mit mehreren Räumen sollen nur Erwachsenen vorbehalten bleiben.
Bei dem Treffen fehlten Unionsländer wie Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Die anderen, vor allem sozialdemokratischen Minister, versuchten in Berlin auszuloten, wie die Länder möglichst einheitliche Regeln hinbekommen, nachdem das Bundesverfassungsgericht das bisherige Modell gekippt hat, das Rauchen nur in Raucherzimmern erlaubt. Die Richter sahen Kneipen, die keinen zweiten Raum haben in unzulässiger Weise benachteiligt. Das Karlsruher Urteil zwingt die Politik, sich zu entscheiden zwischen einem absoluten Rauchverbot wie in Bayern und einer weniger strengeren Regel, die in bestimmten Einraumkneipen das Rauchen wieder erlaubt.
Die SPD-Gesundheitsminister, eher Befürworter strenger Regeln, halten das bayerische Modell offenkundig für nicht durchsetzbar. Nun wollen sie lieber gleich Ausnahmen zulassen, diese dafür aber von Vornherein möglichst eng halten. Denn nach dem Karlsruher Urteil könnten die Gesetzgeber der Grenze von 75 Quadratmeter Gastfläche eine mehr oder weniger großzügige Definition zu Grunde legen. Auch Fertiggerichte schließt das Karlsruher Urteil nicht unbedingt aus. Überdies wirbt die Zigarettenindustrie dafür, das Rauchen in Kneipen mit leistungsstarken Lüftungsanlagen zuzulassen, deren Wirksamkeit das Deutsche Krebsforschungszentrum allerdings bestreitet.
Tabakgegner wie die SPD-Politikerin Trauernicht konzentrieren sich jetzt darauf, die Zahl der Einraumkneipen mit Raucherlaubnis zu begrenzen. Die Wirte würden sich künftig entscheiden müssen, ob sie Speisen anbieten oder das Rauchen zulassen wollen, sagte sie.
Das Rauchverbot ohne Ausnahmen bevorzugt allerdings Berlins Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke). Auch die in Bremen und Hamburg mitregierenden Grünen und Teile der in Baden-Württemberg regierenden CDU drängen zu der harten Linie. Andere CDU-Politiker und die FDP kämpfen für weniger strenge Regeln.
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