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„Keine Aussicht auf Besserung“

■ Netzwerk-Vertreter verlassen Lawaetz-Arbeitsausschuß Von Heike Haarhoff

Das schwarze Wildschwein galoppiert nicht mehr. Fehlende Fünfmarkstücke haben seinen Lauf gebremst: Am Montag abend haben die vier Netzwerk Selbsthilfe-Mitglieder den Arbeitsausschuß der halbstaatlichen Lawaetz-Stiftung nach neunjähriger Mitarbeit verlassen. „Der Grund ist einfach“, sagt Netzwerk-Vertreterin Christine Mader. Der Topf für Öffentliche Beschäftigungsinitiativen sei praktisch leer und werde von der Stadt nicht mehr aufgefüllt. „Der Fonds ist politisch fallen gelassen worden“, sagt Netzwerkler Reinhold Nawroth. „Wir wollen keine Alibi-Funktion mehr übernehmen.“

Seit 1986 berät der Arbeitsausschuß UnternehmensgründerInnen, prüft und beurteilt deren Projekt-Anträge und leitet sie an die Sozialbehörde weiter, die schließlich die Darlehen gewährt. Eine einmalige Förderung bis zu 200 000 Mark ist möglich, wenn die Projekte selbstverwaltet sind. 43 Projekte wurden bisher in Hamburg gefördert, darunter das Schmidt-Theater und das Hotel Schanzenstern. Gewährt werden Eigenkapitalzuschüsse, Starthilfe- und Investitionsdarlehen. „Es handelt sich also nie um eine Vollfinanzierung“, erklärt Jochen Kunz-Michel, Leiter der Lawaetz-Beratungsstelle. Die Darlehen müssen zurückgezahlt werden. Über den Rückfluß aus Zinsen und Tilgung soll sich der Fonds erneuern. „Das klappt oft nicht, weil viele Projekte in Zahlungsschwierigkeiten geraten und dann eben kein Geld zurückfließt“, sagt Christine Mader. Die Sozialbehörde müsse Gelder zuschießen, wenn die ganze Arbeit nicht zusammenbrechen solle.

Die lehnt das aber ab: „Wir haben anfangs 1,5 Millionen eingezahlt und den Fonds in den darauffolgenden Jahren mehrfach aufgestockt“, sagt Behörden-Sprecherin Christina Baumeister. Seit zwei Jahren stünden keine Haushaltsmittel mehr zur Verfügung: „Daß zu wenig Gelder zurückgeflossen sind, ist nicht unsere Schuld. Vielleicht liegt es daran, daß das Prinzip des Fonds ausgehebelt ist“, vermutet Baumeister. Das sei aber kein Grund, aus dem Ausschuß auszutreten: „Netzwerk stampft wie ein trotziges Kind mit dem Fuß auf.“ Diesem Druck werde man sich aber nicht beugen: „Die beschneiden sich damit nur selbst. Wir entscheiden dann eben ohne die Vertreter der Initiativen.“ Wir, das sind dann in Zukunft je zwei Vertreter der Sozialbehörde und der Wirtschaftsbehörde.

Doch davon will Netzwerk nichts wissen: „Es gibt keine Aussicht auf Besserung“, glauben die resignierten ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Ihr Frust, vermutet Jochen Kunz-Michel, könnte aber auch durch eine gewandelte Unternehmenskultur begründet sein: „Irgendwie“ gebe es immer weniger „Szenebetriebe, denen der Selbstverwaltungsgedanke wichtig ist.“

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