: Keine Ausnahmen vom Lauschangriff
■ Scherf spricht sich für Schröder als Kanzlerkandidaten aus
Niedersachsens Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) sieht die von seinen Parteifreunden angestrebten Ausnahmen beim Lauschangriff als problematisch an. „Nehmen Sie den Begriff des Journalisten, der ist nun einmal nicht eingrenzbar“, sagte Glogowski im Gespräch mit einer Nachrichtenagentur.
„Wenn ich in Kasachstan in Alma Ata eine Stadtteilzeitung herausgebe, bin ich auch ein Journalist.“Diesen Ausdruck könnten theoretisch viele Menschen in Anspruch nehmen. „Und wir können in Deutschland nicht hingehen und sagen, deutsche Journalisten dürfen nicht abgehört werden.“Glogowski weiter: „Es kann nicht sein, daß ein völlig uneingeschränkter Begriff verwendet wird, der letztendlich die elektronische Überwachung unmöglich macht.“
Die Mehrheit der SPD geführten Länder will den Abhörschutz unter anderem auf Journalisten, Anwälte und Ärzte erweitern. Bisher dürfen nur Geistliche, Abgeordnete und Strafverteidiger nicht belauscht werden. Bremens Bürgermeister Henning Scherf hatte dem Lauschangriff zugestimmt, aber Nachbesserungen gefordert.
Glogowski kritisierte indirekt seine Parteifreunde: „Alle Leute, die Kritik üben, haben eines gemeinsam; Sie haben noch keinen Lösungsvorschlag genannt.“Auch den Vorstoß des CDU/CSU-Fraktionschefs im Bundestag, Wolfgang Schäuble, gar keine Ausnahmen beim Lauschangriff zu machen, lehnte Glogowski ab: „Ich halte nichts davon.“
Eine Woche vor den Wahlen in Niedersachsen wird damit die Position des SPD-Spitzenkandidaten Gerhard Schröder durch seinen Innenminister wahltaktisch gestützt. Schröder hat sich skeptisch gegenüber Änderungen beim Lauschangriff gezeigt. Ungeachtet dessen sprach sich der Bremer Bürgermeister Henning Scherf für eine Kanzlerkandidatur von Schröder aus, sollte er die Niedersachsenwahlen am 1. März deutlich gewinnen. „Wir wünschen uns alle einen strahlenden Gerhard Schröder, der in so ungewöhnlichen Zeiten Wahlen gewinnen kann“, sagte Scherf zur Magdeburger Volksstimme.
Nach Umfragen sind bislang noch 15 bis 20 Prozent der Wahlberechtigten in Niedersachsen unentschlossen. Nach jüngsten Umfragen kann die SPD mit 45,5 bis 46 Prozent Stimmen dazugewinnen (1994: 44,3) und ihre Alleinregierung in Niedersachsen verteidigen. Die CDU würde danach 35 bis 37 Prozent (1994: 36,,4) erreichen. Die FDP liegt derzeit bei vier bis 4,5 Prozent. dpa/taz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen