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Keine Annäherung bei Raketengipfel

■ Gespräch der Parteichefs über gemeinsame Haltung zum sowjetischen Abrüstungsvorschlag wird Ende Mai fortgesetzt / Belgischer Ministerpräsident Martens bestärkt Kohl in seiner zögernden Haltung

Bonn (dpa) - Ohne eine Annäherung in der umstrittenen Frage der doppelten Null–Lösung für Mittelstreckenwaffen in Europa ist der „Raketengipfel“ der Bonner Koalitionsparteien am Mittwoch nach dreistündiger Dauer im Kanzleramt zu Ende gegangen. Bundeskanzler Helmut Kohl wird in seiner Regierungserklärung am Donnerstag deshalb nur einen „Zwischenbericht“ geben und keine Festlegung treffen. Die Koalitionsrunde verständigte sich darauf, das Gespräch am 29. Mai fortzusetzen. Während die FDP eine doppelte Null–Lösung für kürzere und weiterreichende Mittelstreckensysteme befürwortet, treten Kohl und die CDU/CSU für einen sofortigen vollständigen Abbau nur der Raketen über 1.000 Kilometer Reichweite ein. Für die Systeme zwischen 500 und 1.000 Kilometer sollen entsprechend der Regierungserklärung gleiche Obergrenzen auf niedrigem Niveau festgesetzt werden. Darüberhinaus drängt die Union auf eine Verknüpfung der Raketenproblematik mit Abrüstungsschritten bei den chemischen Waffen sowie im konventionellen Bereich. Kohl hat in seiner abwartenden Haltung Unterstützung vom belgischen Premierminister Wilfried Martens erhalten. Nach einem zweistündigen Gespräch im Kanzleramt wertete Kohl die Äußerungen von Mertens als Beweis dafür, daß seine abwartende Haltung richtig sei. Wie in Bonn gestern bekannt wurde, haben die USA in ihrem Vertragsentwurf für die Mittelstreckenwaffen größerer Reichweite die „Umrüstung“ der Pershing II–Raketen auf eine Pershing kürzerer Reichweite ausdrücklich formuliert. Nach dem seit Wochen in Genf vorliegenden Vertragsentwurf ist diese „Umrüstung“ eine der Optionen, die die USA im Falle eines Abkommens über Mittelstreckenwaffen größerer Reichweite verfolgen wollen. Die Bundesregierung hat solche Absichten bisher dementiert. Eine beiderseitge Null–Lösung bei den Mittelstreckenwaffen wäre nach Ansicht des früheren SPD–Bundeskanzlers Helmut Schmidt „der erste Schritt zu tatsächlicher Abrüstung“ seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. „Die Deutschen im Westen wie im Osten müßten tief betroffen und besorgt sein, wenn die Null–Lösung vereitelt würde“, schreibt Schmidt in der Zeit. Die Befürchtungen, daß der Westen durch eine Übermacht von konventionellen Streitkräften des Ostens gefährlich bedroht sei, teilt Schmidt nicht. Das Ausmaß der heutigen sowjetischen Überlegenheit werde „allgemein übertrieben dargestellt“.

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