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Keine Amnestie für Überläufer zur Stasi

Berlin (taz) - Nach Innenminister Schäuble hat nun auch Bundesjustizminister Hans Engelhard eine weitreichende Amnestie für die ehemaligen 85.000 Stasi-Mitarbeiter vorgeschlagen. Eine entsprechende Vereinbarung solle in den Einigungsvertrag aufgenommen werden; die Begnadigung würde mit dem Stichtag der deutschen Einheit in Kraft treten. An eine Generalamnestie denkt Engelhard indes nicht: Wer als Stasi-Mann „Straftaten gegen das Leben, schwere Körperverletzungsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit“ begangen hat, soll von der Amnestie ausdrücklich ausgenommen, das heißt, im geeinten Deutschland strafrechtlich zu verfolgen sein.

DDR-Agenten, die bisher in der Bundesrepublik tätig waren und noch nicht enttarnt wurden, soll ebenso kein Gnadenerweis zukommen. Um in den Genuß der Straffreiheit zu gelangen, müßten sich diese Spione „in einer bestimmten Frist“, so Engelhard, bei den westdeutschen Dienststellen selbst offenbaren.

Nach Engelhards Plänen wird auch der frühere Chef der Spionageabwehr im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz, Hansjoachim Tiedge, nicht amnestiert. Tiedge, der sich 1985 nach Ost-Berlin absetzte, gilt als der größte Verratsfall bei den westdeutschen Geheimdiensten. Engelhards Pläne sehen vor, „daß Bundesbürger, die in die DDR übergelaufen sind, um dem Ministerium für Staatssicherheit ihr Wissen zur Verfügung zu stellen“, keinesfalls straflos ausgehen dürfen. Den Kanzleramtsspion Guillaume trifft diese Regelung ebensowenig wie andere Spione: Wer als DDR-Agent von der Bundesregierung im Gegenzug für westdeutsche Geheimdienstmitarbeiter in der DDR ausgetauscht wurde, hat nichts zu befürchten. Ihrem Austausch ging jeweils ein rechtskräftiger Gnadenerlaß voraus.

Auch nach Engelhards Ausführungen bleibt noch die zivilrechtliche Seite der Wirtschaftsspionage offen. So könnte es dazu kommen, daß DDR-Spione, die sich Bundesbehörden gestellt haben, von den ausgespähten Betrieben zur Kasse gebeten werden - wegen Schadensersatz.

Wolfgang Gast

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