: Kein weiteres Geld für Sanierungsgebiete?
■ Schreiben des Finanzsenators favorisiert den Neubau / Noch in diesem Jahr sollten weitere Gebiete festgelegt werden
Droht der öffentlichen Stadterneuerung in Berlin das finanzielle Aus? Drei Monate nachdem in Ostberlin fünf Untersuchungsgebiete förmlich als Sanierungsgebiete festgelegt wurden, fährt Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) schwere Geschütze auf.
In einem Schreiben an die Bauverwaltung, das der taz vorliegt, heißt es, daß die „in den Untersuchungsberichten vorgeschlagenen und für das Land Berlin mit sehr hohen Kosten verbundenen Sanierungsmaßnahmen innerhalb der in den Berichten dargestellten Zeitstufen nicht annähernd finanzierbar sein werden“.
Als Untersuchungsgebiete für die behutsame Stadterneuerung sind derzeit 34 Gebiete ausgewiesen. Davon liegen 22 im Ostteil der Hauptstadt und 12 im Westteil Berlins. Bei einer förmlichen Festlegung als Sanierungsgebiet würden nicht nur Bau- und Modernisierungsmaßnahmen genehmigungspflichtig und Infrastrukturmaßnahmen finanziert, sondern auch spekulative Grundstücksverkäufe untersagt.
In seiner Ablehnung gegen die Finanzierung der Stadterneuerung aus Landesmitteln beruft sich Finanzsenator Pieroth auf die im Baugesetzbuch vorgeschriebene finanzielle Absicherung der Gebiete durch den Landeshaushalt. Vor einer förmlichen Festlegung weiterer Gebiete sei demnach eine „gebietsübergreifend abgestimmte Zeit-, Durchführungs- und Kostenplanung“ die Voraussetzung. Als „Finanzierungsrestriktion“ seien hierbei insbesondere die „Wohnungsbaustrategien 95 und weitere städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen“ zu berücksichtigen. Im Klartext: Der Altbausanierung soll zugunsten der Neubaufinanzierung der Hahn abgedreht werden.
Mehr noch: Wenn überhaupt künftig öffentlich modernisiert wird, sollen sich, so der Wunsch der Finanzverwaltung, die Zuschüsse auf die Reparatur von Dächern, Fassaden und Treppenhäusern beschränken. Von den Bezirken geplante Infrastrukturmaßnahmen könnten, wie etwa der geplante Kinderbauernhof auf dem Prenzlberger Falkplatz, „zur Zeit nicht unterstützt werden“ oder müßten in der „überbezirklichen Dringlichkeitsliste in der Investitionsplanung enthalten sein“.
Der Sprecher des Bausenators, Ralf Schlichting, versuchte gestern das Schreiben der Finanzverwaltung niedrigzuhängen: „Alles Routine“, so Schlichting, die Finanzverwaltung komme nach den Haushaltsberatungen alljährlich mit solchen Sparvorschlägen. Schlichting räumte gegenüber der taz allerdings ein, daß es mit der Festlegung weiterer Sanierungsgebiete noch bis Mitte 1994 dauern werde. Noch im September hatte Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) angekündigt, neben der Festlegung der Spandauer Vorstadt in Mitte, dem Samariterviertel in Friedrichshain, der Köpenicker Altstadt sowie dem Helmholtz- und Kollwitzplatz im Bezirk Prenzlauer Berg noch in diesem Jahr weitere Untersuchungsgebiete förmlich als Sanierungsgebiet festzulegen. Uwe Rada
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