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Kein reines Vergnügen

■ Hamburgs Bäder: Wasser mit krebserregendem Stoff belastet? / Wasserwerke und Behörde dementieren: „Keine Gesundheitsgefahr“ Von Sven-Michael Veit

Erfrischend mag es ja sein, das Wasser in den Hamburger Schwimmbädern. Allerdings auch tückisch, so behauptet der Bremer Chemieprofessor Wolfram Thiemann: In mindestens zwei Hamburger Bädern sei das Wasser mit hohen Konzentrationen von Trihalomethanen (THM) belastet. Dieser Stoff aus der Gruppe der chlororganischen Verbindungen gilt als „krebserregend und fruchtschädigend“. Kindern und vor allem Schwangeren ist laut Thiemann ein solches, vermeintlich erquickendes Bad nicht anzuraten.

Thiemann hat im Auftrag der Illustrierten stern das Wasser in 30 Schwimmbädern in ganz Deutschland untersucht. In 26 Fällen stellte der Toxikologe erhöhte THM-Konzentrationen fest, darunter auch in den Bädern Kaiser-Friedrich-Ufer (Kaifu) in Eimsbüttel und Am Bondenwald in Niendorf. Der „empfohlene Richtwert“ von 20 Mikrogramm THM pro Liter Wasser wurde nach Thiemanns Befund im Kaifu mit 40,7 Mikrogramm deutlich überschritten. Am Bondenwald maß er gar 145,1 Mikrogramm: Note Ungenügend. Allerdings kein Vergleich mit dem Spitzenreiter, dem Horner Bad in Bremen: Dort lag der ermittelte Wert mit satten 302,1 Mikrogramm mehr als doppelt so hoch.

Völliger Unsinn, findet Gisela Matthée, Sprecherin der Hamburger Wasserwerke (HWW). Den genannten Richtwert „gibt es nicht“. Lediglich die DIN-Norm 19643, die „Bibel der Beckenwasseraufbereitung“. Diese schreibe einen Chlorgehalt von 0,3 bis 0,6 Milligrammm Chlor pro Liter Wasser vor, und dies werde von den HWW selbstverständlich eingehalten. Ebenso wie die Zugabe von mindestens 30 Litern Frischwasser pro Tag und Badegast. „In unseren Bädern“, so Matthée, „läuft den ganzen Tag lang Frischwasser in die Becken, garantiert mehr als 30 Liter“. Das bezweifelt Thiemann laut stern in vielen Fällen.

Denn nach Ansicht von Prof. Thiemann würden viele – meist städtische – Betreiber lieber billiges Chlor ins Wasser schütten als ausreichend teures Frischwasser einleiten. Das bewahre Badegäste zwar vor manchen Bakterien und Viren und damit auch vor Durchfall oder Fußpilz. Die überreichliche Chlorgabe lasse allerdings in Verbindung mit Schweiß, Kosmetikaresten oder Hautschuppen eben jenes THM entstehen. Dieses wird von Badenden über die Haut und die Atemwege aufgenommen – mit der Folge eines höheren Krebsrisikos. Vor allem Bademeister, so schreibt der stern, seien einer erhöhten Gesundheitsgefahr ausgesetzt.

Christina Baumeister, Pressesprecherin der Hamburger Gesundheitsbehörde, stöhnt über dieses „Uralt-Thema“. Bereits 1990 hatte der Senat eine entsprechende Anfrage des CDU-Abgeordneten Jürgen Klimke „erschöpfend beantwortet“. Das Wasser in den Hamburger Bädern sei genauso unbedenklich wie die Meßmethoden des Prof. Thiemann „zweifelhaft“.

„Der macht das jedes Jahr“, erinnert sich auch Gisela Matthée. Immer im Sommer tauche Thiemann mit seinen Wasserstudien auf: „Voriges Jahr hat er das für SAT 1 gemacht.“

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