■ Kommentar: Kein Zivilist
Unlängst war es fünf Jahre her, daß der Bundestag in Bonn über die Hauptstadtfrage entschied. Viele Ostdeutsche, darunter auch kritische Geister wie die am Montag verstorbene Tamara Danz hatten sich mit einer Entscheidung für Berlin eine Votum für die Wirklichkeitsnähe der Bundespolitik erwartet. Weg vom Raumschiff Bonn, weg von der Siedlung Wandlitz und hin zur sozialen Situation einer Stadt, die als Laboratorium der Einheit die Folie für politische Entscheidungen geben sollte.
Daß Berlin dieses Laboratorium nicht geworden ist, hat sicher viele Gründe. Mittlerweile jedoch kräht kein Hahn mehr nach der „Berliner Republik“ und ihrer Verortung in der Wirklichkeit einer Metropole. Am wenigsten der Innensenator. Jörg Schönbohm, der es zunächst verstanden hat, sich mit dem Nimbus des Liberalen zu umgeben, läßt vielmehr nichts unversucht, die in Bonn so vertrauten Bilder einer heilen Welt nach Berlin zu importieren. Schönbohm nun mit vielen seiner Vorgänger, darunter auch verbalradikalen Hardlinern wie Dieter Heckelmann, in die rechte Ecke zu stellen würde allerdings nicht den Kern seiner Gedankenwelt erfassen. Schönbohm ist nicht gegen Hausbesetzer oder Ausländer. Er ist gegen den vermeintlichen Dreck, die angebliche Kriminalität, den Imageschaden, der damit verbunden ist. Es ist in den letzten Jahren viel, auch Unsinniges, über die „zivile Gesellschaft“ debattiert worden, auch einer jener Begriffe mit denen die „Berliner Republik“ in Zusammenhang gebracht wurde. Derjenige, der diese Gesellschaft nicht zuletzt in der Hauptstadt durchsetzen sollte, ist allerdings kein Zivilist. Mit Schönbohm als Innensenator ist die „Berliner Republik“ in weite Ferne gerückt. Uwe Rada
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