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Kein Weg durch »Dick & Dünn«

■ Berliner Selbsthilfeprojekt für Mager- und Eßsüchtige muß ohne staatliche Unterstützung auskommen/ Bulimie zählt zu den verdeckten Süchten/ Team von »Dick & Dünn« fordert finanzielle Gleichstellung mit anderen Suchtberatungsstellen

West-Berlin. »Keine eß- und brechsüchtige Frau geht mit einem Transparent auf die Straße, um für sich und andere bessere Beratung und Betreuung zu fordern« — Eß- und Brechsucht (Bulimie) gehört zu den verheimlichten Süchten, die oft als Krankheit nicht wahrgenommen werden. Das ist für Silvia Baeck vom neunköpfigen Berliner Selbsthilfe- und Beratungsprojekt »Dick & Dünn« ein Grund, warum es bisher nicht gelungen ist, mehr Geld und feste Stellen für »Dick & Dünn« zu bekommen. Ein therapeutisches Konzept für eine professionelle Beratungsstelle mit 8,5 Stellen und einem Etat von 750.000 Mark liegt schon lange vor. Doch im aktuellen Haushaltsentwurf gibt es keinen Finanzierungsvorschlag für »Dick & Dünn«. Schuld soll die Senatsverwaltung sein, die den Antrag verschlampt habe.

Seit Jahren fordern die Beratungsfrauen von »Dick & Dünn« eine angemessene Finanzierung: nicht mehr als Selbsthilfeprojekt beim Senat für Gesundheit und Soziales, sondern mit einem eigenen Haushaltstitel und personell und finanziell gleichgestellt mit den Suchtberatungsstellen im Drogen- und Alkoholbereich.

In West-Berlin gibt es zwischen 70- und 140.000 eßgestörte Menschen. Davon sind 90 bis 95 Prozent Frauen. Männer mit Eßstörungen gehen selten in eine Beratung. Selbsthilfe ist für die Hälfte der Betroffenen nicht genug, sie brauchen längerfristig therapeutische Hilfe. Bei rein medizinischer Betreuung und Diätbehandlung liegt die Rückfallquote bei 95 Prozent. Die Beratungsfrauen von »Dick & Dünn«, sieben von ihnen waren selbst Betroffene, arbeiten mit einem Etat von 91.000 Mark. Das deckt die Miete und zwei 20-Stunden-Stellen. Die psychologische, medizinische und sozialpädagogische Beratungsarbeit war mit den zwei halben Stellen nicht zu leisten: 1989 wurden 34 Selbsthilfegruppen angeleitet. Etwa 450 von Eßstörungen Betroffene und 50 Angehörige kamen in die Beratung. Mehr als 200 Briefe und 1.250 telefonische Anfragen gingen bei den Beratungsfrauen ein. »Dick & Dünn« platzt schon lange aus dem Rahmen eines Selbsthilfeprojektes.

Daß gerade Frauengesundheitsprojekte wie »Dick & Dünn« und das Feministische Frauengesundheitszentrum »unterfinanziert« sind, bemängelt Lydia Hohenberger von der AL, doch sie macht klar, daß es eine vollfinanzierte Beratungsstelle für Eßgestörte nicht geben wird: Das Thema stehe im Senat nicht auf der Tagesordnung, aber eine »Grundfinanzierung mit Rechtsanspruch«, also ein eigener Haushaltstitel, sei im Haushaltsausschuß eventuell noch durchsetzbar. Woher das Geld für die »Grundfinanzierung« kommen soll, bleibt unklar. Ob nicht die Frauensenatorin »Dick & Dünn« fördern müsse, wenn Eßstörungen vor allem Frauen zu betreffen scheinen, fragt Inge Frohnert von der SPD? Doch Frauensenatorin Klein hat »Dick & Dünn« an den Senat für Gesundheit und Soziales zurückverwiesen.

Das Hin-und-her-Geschiebe geht dem Team auf die Nerven. Werde der Etat nicht aufgestockt, würden qualifizierte Beratungsfrauen auf Dauer abwandern und würde Hilfe eingeschränkt. Die Kliniknachsorge mußte bereits aufgegeben werden. Annette Nüsslein

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