: Kein Streik bei den Metallern
■ Kompromiß beendete in letzter Minute Tarifkonflikt in der Metallbranche / Einigung orientiert sich teils am VW-Haustarif / Metall-Abschluß wird Tarifverhandlungen in anderen Branchen beschleunigen
Berlin (taz) – In Marathonverhandlungen haben sich die Arbeitgeber von Gesamtmetall und die Gewerkschaft IG Metall auf einen Kompromiß geeinigt, der den Tarifkonflikt in der Metallbranche beendet. Zur Einigung kam es in letzter Minute. Nur einige Stunden später, in der Nacht von Sonntag auf Montag, wären rund 11.000 Beschäftigte aus 22 Betrieben im Tarifgebiet Niedersachsen in einen unbefristeten Streik getreten.
Der Kompromiß, den die Verhandlungsführer am Sonnabend morgen verkündeten, orientiert sich teilweise am vieldiskutierten VW-Haustarifvertrag. Es wird eine separate Arbeitszeitregelung geben, die vorerst zwei Jahre läuft und in Einzelfällen eine Reduzierung der Arbeitszeit von derzeit 36 auf 30 Stunden ermöglicht. Wird die Stundenzahl für alle Beschäftigten eines Betriebes gesenkt, erhalten diese keinen Lohnausgleich, dafür aber eine Arbeitsplatzgarantie. Werden nur Teile eines Betriebes auf 30 Stunden runtergefahren, zahlen die Arbeitgeber einen teilweisen Lohnausgleich zwischen einem und sieben Prozent. Die Arbeitsplätze sind dann jedoch nicht garantiert. Auszubildende müssen künftig übernommen werden. Bei den Löhnen gibt es vom 1. Juni an für sieben Monate zwei Prozent mehr. Urlaubsgeld und Urlaubstage haben die Tarifrunde grundsätzlich unbeschadet überstanden. Jedoch werden Urlaubsgeld und Sonderleistungen wie etwa das Weihnachtsgeld bis 1996 auf Basis der noch nicht angehobenen Einkommen vom Mai dieses Jahres berechnet. Darüber hinaus werden die Sonderzahlungen 1994 einmalig um zehn Prozent gesenkt.
Von heute an befinden die Gewerkschaftsmitglieder im Tarifgebiet Niedersachsen in einer zweiten Urabstimmung über den Kompromiß, der voraussichtlich für alle 3,6 Millionen Beschäftigten in der westdeutschen Metallindustrie übernommen wird. Die große Tarifkommission der IG Metall und die Arbeitgeber in Niedersachsen haben den Vertrag bereits abgesegnet. Darüber hinaus wird damit gerechnet, daß der Metall-Abschluß die Verhandlungen in anderen Branchen beschleunigen wird. Der Kompromiß von Hannover könnte unter anderem Modellcharakter für den öffentlichen Dienst haben, dessen 3,5 Millionen Beschäftigte vor einem neuen Abschluß stehen. Silvia Schütt
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