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Kein Standard

■ Betr.: „Teure Schüler, faule Lehrer“, taz hamburg vom 7. Dezember 1999

Grundsätzlich gibt es keine schulischen Statistiken, die mehr sagen, als wieviele Schüler von wievielen Lehrern unterrichtet werden. Was das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in einem Ranking zusammengetragen hat, entspricht nicht wissenschaftlichen Standards.

Es kommt zum Beispiel nicht auf die Menge der Schüler an, sondern auf ihre Probleme. Da aber alle Kinder und Jugendlichen Probleme haben, geht es darum, was für Prob-leme dies konkret sind und welche Wirkung diese auf andere Schüler haben.

Wenn eine Klasse am Ende erfolgreich war, dann wurde ungefähr das Ziel der Pläne erreicht. Ob die Schüler mit dem Gelernten erfolgreich sein werden, das entscheidet sich wieder an anderen Maßstäben und Anforderungen.

Eine artfremde Einrichtung wie das IW sollte sich aus dem Schulbereich heraushalten. So sind die im Artikel genannten Relationen fast ohne jede Aussagekraft. Auch die Äußerungen von Lemke geben nur eine Behördenmeinung wieder, damit steigt er auf den Nonsens des IW erst ein.

In Wirklichkeit gibt es diese Relationen im wissenschaftlichen Sinne gar nicht. Dass es Nonsens ist, sieht man schon daran, wenn man das Verhältnis Lehrerstundenlohn, Klassenfrequenz und Leis-tung der Schüler bilden würde. Wenn sich in einer Schule weniger Schüler in einem Jahr anmelden, die Klassen kleiner sind und ein paar problematische Fälle dabei, sinkt die Lehrerstundeneffizienz. Nimmt er ein paar mittelmäßige Schüler auf, steigt das Verhältnis wieder.

Würde man nun marktgerecht sanktionieren, müsste man dem Lehrer jeweils Prämien auszahlen oder abziehen. Der würde am Ende ein Schmalspurprogramm ableiern und in Klassenarbeiten regelmäßig für fünf Minuten „austreten“. So käme er dann wohl zu einem effizienten Unterricht, die Schüler wären auch zufrieden und das IW würde konstatieren, dass sich Leistung wieder lohne. Tatsächlich würden die Schüler einen lehrergerechten Unterricht erhalten, der sich am Stundenlohn des Lehrers, nicht aber an den Schülern orientieren würde. Das wäre eine schlechte Schule. André Berthy

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